Coinside als alte Haudegen im Business der elektronischen Musik zu bezeichnen, dürfte nicht verkehrt sein. 1993 durch Sven Bussler gegründet, ist das Trio, heute bestehend aus selbigem sowie Torsten Bessert und Veit Beck immer noch aktiv und populär wie zu jungen Zeiten. Vor allem als Freunde und alte Bekannte bei Veranstaltungen der umtriebigen Electric Tremor Crew aus Dessau hat sich Coinside in der Old-School-EBM-Szene einen Namen machen können. Sechs Jahre sind seit dem letzten Album „Elf“ vergangen, sechs Jahre, in denen sich nach eigener Aussage der Band (sehr lesenswert hierzu das Interview auf www.electric-tremor.de!) vor allem in familiär-bürgerlicher (!) Hinsicht viel Gutes tat und die Musik erst einmal etwas das Nachsehen hatte. Seite Ende 2009 sind diese sechs Jahre aber nun vorbei und das Trio ist mit seiner neuen CD „Opus convertere“ on air – veröffentlicht über das unlängst von Bandmitglied Sven gegründete Label „White Ashes“, welches gleichzeitig der Nachfolger von Greyland Records ist, das auch bekannten Industrial-Formationen wie Wappenbund und Sigrun Heid ein Zuhause bietet. Als Mitarbeiter des Medienkonverter ist einem das lateinische Werb „convertere“ natürlich ein – positiv besetzter – Begriff, die beste Übersetzung des fast elitär anmutenden Albumtitels liefert natürlich die Band selbst: Als „Werk von der/für die Veränderung“ oder „Lieder vom/für Umschwung“ – Freiraum für eigene Interpretationen inklusive –, kann dieser verstanden werden. Das klingt gut, sehr gut sogar. Während sich das Auge noch an der, wie für Coinside üblich, aufwendigen, wenn nicht sogar trickreichen, und ausgesprochen ästhetischen Faltverpackung erfreut, der quadratische, mit den Lyrics in feinster Frakturschrift bedruckte Karten beiliegen, schielt das Ohr bereits in Richtung Stereoanlage, wo der Silberling sich nun zu drehen beginnt. Freunde der Band merken schon nach wenigen Stücken, dass die Band sich auch nach sechs Jahren Pause treu geblieben ist. Brachiale, tanzbare Elektronik, die auch an Melodie nicht spart, martialisch stampfende Beats, die markige Stimme von Torsten Bessert und gewohnt intelligente, mit viel Scharfsinn verfasste Texte, die hier ohne Zweifel lyrische Qualitäten aufweisen, gepaart mit militaristischer, orchestraler Eleganz, verschmelzen zu einem Sound, der weit und breit seinesgleichen sucht. Diese Band ist einzigartig und einfach nur sie selbst. Coinside nehmen kein Blatt vor den Mund und haben auf „Opus convertere“ zeitkritische und gesellschaftlich relevante Themen aufgegriffen und sich dazwischen selbstverständlich auch mal den ein oder anderen „Spaß“ erlaubt, wobei selbst dieser bei genauerem Hinhören und Hineinlesen wieder seine eigene Brisanz hat ( „Schwarzer Kanal“). Es ist durchaus als mutig zu bezeichnen, sich mit so direkten Worten, wie Coinside sie gebrauchen, mit aktiver Sterbehilfe im Alter („Dignitas“, durch den gesprochenen Text beängstigend eindringlich!), einer Sexualmoral im (negativen) Wandel („Anonym“), dem Mythos und Schicksal der Legionäre der Fremdenlegion („Legionär“) oder der grausamen politischen Zustände in Afrika („Armee der Opfer“) zu beschäftigen und eine nüchterne Bestandsaufnahme der Situation heutiger Jugendlicher in Deutschland zu wagen. Und was steht dort in der Bilanz unterm Strich? Sinn- und Hoffnungslosigkeit, Desorientierung, gravierende Bildungslücken und die gerechtfertigte Feststellung, dass in einem solch düsteren Szenario geschickt agierende, verheißungsvolle Parolen schwingende (Ver-)Führer auf den Plan treten und nicht einmal schlechte auf Erfolg haben („Jugend marschiert“). Doch auch mit den schönen Künsten bzw. der Kultur wird geliebäugelt: "Das Parfüm" ist, man mag es erahnen, doch tatsächlich eine feinsinnig formulierte Hommage an den Roman von Patrick Süskind, der 2006 verfilmt wurde. Das Quentchen Humor fördert schließlich wie weiter oben angedeutet der Song „Schwarzer Kanal“ zutage – eine herrlich humorige Persiflage aufs Spartendenken in der „toleranten“ schwarzen Szene (und so was von ernst „vorgetragen“!). Wer hierüber nicht schmunzeln kann, sucht sich besser eine andere „Subkultur“ ... Dass man in derart schlechten Zeiten vor allem immer noch an sich selbst glaubt, zementieren Coinside schließlich mit dem Song „Rückkehr“, denn zurück sind sie mit „Opus convertere“ zweifellos! Und das ist eine runde Sache, musikalisch wie textlich und optisch! Der Albumtitel hält, was er verspricht: Musik, die Freude und ordentlich Dampf macht, Texte, die zum Nach- und Weiterdenken anregen und ein künstlerisch wertvolles Sammlerstück fürs heimische CD-Regal. Klasse!