Kaum einer kennt sie beim Namen, fast jeder kennt ihre Stimme, zumindest die, die bereits in den 80ern auf hervorragend produzierte Elektronik standen. Die Rede ist von Claudia Brücken, die damals mit drei anderen Düsseldorfern nach London zog um dort eines der Zugpferde des ZTT Labels zu werden. Propaganda war neben Frankie Goes To Hollywood und den Art of Noise sicherlich die dritte große Band aus der Musikschmiede von Trevor Horn und Stephen Lipson. Mit nur einem echten Album und unzähligen Single-Formaten noch heute eine Band für Jäger und Sammler, die nicht müde werden, die weniger als zwanzig verschiedenen Songs und die subtilen Unterschiede der verschiedenen Mixes mit Leidenschaft in einschlägigen Foren zu diskutieren. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, oder noch weniger davon, wenn man die vorliegende Compilation ‚Combined’ anhört. Da wären die glamourösen Protestsongs als ‚Act’ mit Thomas Leer, Titel aus der bis heute einzigen Solo-Platte ‚One And A Million Things’ und unzählige Kooperationen mit Bands und Freunden. Besondere Highlights sind die erstmals auf CD veröffentlichte Single Version von ‚Snobbery and Decay’, ‚Cloud 9ine’ zusammen mit Paul Humphreys und der Gitarre von - man glaubt es kaum – Martin Gore oder die Coverversion von Bowies ‚This Is Not America’, bei der Paul Rutherford von FGTH unterstützt. Auch enthält das Album eine neue Single, die in Zusammenarbeit mit Stephen Hague entstanden ist. ‚Thank You’ ist ein Titel, der mit lässigen Beats ein wenig geheimnisvoll wie gemacht ist für eine Diva a la Brücken. Natürlich dürfen die drei Propaganda Singles ‚Dr. Mabuse’, ‚Duel’ und ‚P-Machinery’ auch nicht fehlen. Spektakulär und zeitlos überdecken sie ein wenig die Kollaborationen mit Andy Bell oder Chrome Seduction. Insgesamt ist ‚Combined’ jedoch eine durchgängig hörenswerte Platte mit einer Menge Wiedererkennungswert. Befasst man sich näher mit dem Schaffen der sympathischen Künstlerin erkennt man als einziges Manko der Platte, dass essenzielle Tracks fehlen: die Zusammenarbeit mit Stephan Groth auf der Harmonizer-Platte von Apoptygma Berzerk vermisst man genauso wie Oceanheads ‚I’ll Find A Way’, das schmachtend schöne ‚When Your Heart Runs Out Of Time’ mit Heaven 17s Glen Gregory oder die 7“ only Veröffentlichung ‚Fanatic’ von der Solo-Platte. Es hätte wohl eher ein Doppel-Album werden müssen, denn – da bin ich mir sicher – es schlummert sicher noch das ein oder andere Schätzchen in den Schränken im Hause Brücken. Auch wenn bestimmt das Argument kommt, dass andere Sängerinnen vielleicht noch kraftvoller und virtuoser singen, die Stimme von Claudia Brücken fängt durch Einzigartigkeit ein, wie nur wenige andere. Eine Zusammenstellung die längst überfällig war und mit dem sehr schön gestalteten Cover in jeder Plattensammlung stehen sollte!