Ein Darkwave-Album. Und das mir... Natürlich bin ich für alle musikalischen Richtungen (dieser Seite) offen, nur müssen die dann umso mehr überzeugen, so dass die CD bei mir trotzdem in die richtigen Händen gelangt ist. Und genauso ist es mit "Slipping Away". Denn obwohl links die Kategorie "Darkwave" angezeigt wird und das Album auch so beginnt lässt sich ziemlich schnell ein Wechsel zu elektronischeren Songs feststellen bzw. einer sehr imposanten Mischung beider Stile. Musikalisch finden sich auf der CD Ikon-Einflüsse im neueren Gewand, da Chiron das Nachfolgeprojekt von Ex-Ikon-Sänger Michael Aliani ist. Zudem lassen sich oft elektronische Clubsounds und dunkle Soundlandschaften, bspw. in Form Streichern, wieder finden. Die Melodien erreichen dadurch ab und an bombastische Wirkungen, vor allem, wenn man sich die CD mal ganz in Ruhe zu Gemüte führt. (Zum Beispiel nach einem stressigen Tag unter den Kopfhörern oder über die Anlage ohne weitere störende Personen im Raum.) Der Sound lässt sich so gesehen am besten als "Darkwave (mit Rock-Anteil) trifft Electronica - Musik von gestern und heute/morgen" beschreiben. Neben dem Australier Michael Aliani gehört des Weiteren DJ Robert Anthony zu der Band. Das ist die Grundbesetzung, denn u.a. durch die Darkwave-Elemente wird diese je nach Song um einen Verantwortlichen für Gitarren im allgemeinen, die Bassgitarre, Drums, Piano-Klänge oder auch eine Gastsängerin erweitert. Wer Michael Aliani von Ikon kennt, dem wird seine markante Stimme sicherlich im Nu wieder in den Ohren klingen. Sie versetzt jedem Titel sofort das gewisse Etwas, das die Songs einerseits unverkennbar macht und andererseits auch nicht ganz so eingängige Nummern zumindest stimmlich ungemein aufwertet. Der Longplayer beginnt nach dem Intro sehr langsam mit Drums und fantastischen Gitarrenriffs. Alsbald folgen einige elektronische melodische Klänge und Streicher, die den Song "Slipping Away" sehr getragen anmuten lassen. Bald beginnt noch Michaels klarer Gesang, der sofort verdeutlicht, dass hier Profis am Werk sind, die wissen, wie man Emotionen arrangiert. Für das Album ist dieser Titel aber nicht typisch (Musik: gestern), da die Elektronik und gewisse Geschwindigkeitszunahmen stärkeren Einfluss bekommen. Trotz dieser Andersartigkeit rangiert Song Nr. 2 als Dark-Rock-Wave-Titel bei den Anspieltipps ganz weit vorn. "A Voice" ist das genaue Gegenstück - die Electronica. Mit der Anlehnung an einen Drum'n'Bass-Stil geht es ziemlich schnell zur Sache. Sequenzer-Haupt- und Nebenmelodien, gesampelte Gitarren (die fast überflüssig erscheinen) und eine (teilweise) vocoderisierte Stimme offenbaren Chirons zweite Ausrichtung auf aktuelle Sounds (Musik: heute/morgen) in Reinkultur - Anspieltipp Nummer zwei. Alle weiteren Titel können ohne weiteres als Symbiose dieser beiden Musikrichtungen bezeichnet werden. Ab und an lassen sich auch Einflüsse der Sisters Of Mercy ("Far From me"), von Santana (die Gitarrenspiele bei "Crying In The Night" oder "Bleed") oder den Pet Shop Boys ("Strangers") heraushören. Bei "Strangers" sind sogar Pizzicato-Klänge zu hören, wie wir sie noch alle von DJ Quicksilver oder Red 5 kennen. Diese Kombinationen verleihen jedem Song eine spezielle Eingängigkeit, die sich möglicherweise aber nur bedingt erfolgreich außer Haus portieren lässt, da die reine Clubtauglichkeit nicht das vorrangige Ziel von Chiron zu sein scheint. Als kraftvoll können zwar fast alle Songs bezeichnet werden, aber einzig der Remix von "Far From Me" galoppiert durch seine 4-on-the-floor-programmierte Rhythmusspur wild und ungezügelt vom Anfang zum Ende und ist definitiv für die australischen Prärieclubs oder auch weiter westlich oder östlich gelegenere Tanztempel komponiert wie auch der Synthpopsong "Disenchanted". Progressive Darkwave- und Rockclubs, deren Publikum mehr als die wöchentliche 08/15-Kost vertragen, könnten mit diesen frischen Sounds allerdings neue oHrale Verwöhnmaßstäbe setzen, so dass das Album dennoch ein guter Clubfutter-Kandidat ist. Als Nebenbei-Musik wird "Slipping Away" aber definitiv die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, weil trotz einiger wiederkehrender klanglicher Merkmale kein Song wie der andere klingt. Garantiert verstaubungsfrei.