Was sich musikalisch und vielleicht auch namentlich eher nach einer amerikanischen College-Band anhört, ist in Wirklichkeit ein junges Trio aus der Schweiz, das sich zwischen Green Day, Amber Pacific, Good Charlotte, Sum 41 und den frühen Offsprings einordnen lässt. Aushängeschild dieser - erst seit einem Jahr bestehenden - Band ist Sänger und Gitarrist Joel Bader, der mit seinem Debüt "Family, Music, Me" eine vertonte Biografie herausgebracht hat. Eine Art "Biografie" deshalb, weil die Texte hauptsächlich Erlebtes wiedergeben und Joel Bader nicht nur einen Blick über die eigene Schulter riskiert, sondern auch wagt, diese ganz persönliche Vergangenheit öffentlich noch einmal, in Form seiner Musik, zu durchleben. Dass sich die Band an einem stark '90er orientierten Sound bedient und damit bewusst oder unbewusst die Hochzeiten der teilweise oben aufgezählten Bands wiederbelebt, ist eigentlich nur konsequent. Schließlich ist rein rechnerisch genau diese Zeit eine musikalisch prägende für den heutigen Dreißiger Bader. Das schließt natürlich von vornherein die Hörer aus, deren Interessenschwerpunkt eher beim harten und schroffen Metal liegt. Cancer sind melodisch und eingängig, sie poppen, wirken sanft und manchmal schwermütig, sie richten sich an jene Hörer, die sehnsüchtig dem Rock-Pop-Punk Sound der "alten" Zeit hinterher träumen. Und das Gute an Cancer ist, dass die Band gar nicht erst versucht etwas darzustellen, was sie nicht ist. Ihnen gelingt ein kurzweiliges und angenehmes Album. Kein Überflieger, absolut nicht. Aber ein Album, bei dem man auf Vertrautes stößt, sich thematisch damit identifizieren kann und den einen oder anderen Hit für sich entdeckt. Das könnte zum Beispiel der Coversong vom '95 erstmals veröffentlichten The Bluetones-Titel "Slight Return" sein. Oder die eingängigen und charismatischen Nummern "Looking Back" und "I Felt Hope", das ausreißerische "Freak" und das an My Chemical Romance erinnernde "Over And Out". Bei Cancer gilt: Man muss diese Band nicht mögen und man kann wahrscheinlich auch nichts mit ihr anfangen, wenn man keine CD von Offspring, Green Day und Co im Schrank stehen hat. Falls aber doch, kann man mit ihr seine Freude haben!