Coverversionen sind ja oft wie gut gemeinte Postkarten: hübsch, vertraut, aber doch wieder schnell vergessen. ‘Abyssmal Affairs’ macht mit dieser Erwartung kurzen Prozess. ‘Bianca Stücker’ und ‘Marc Benecke’ nehmen bekannte Songs nicht in den Arm, sie führen sie an den Rand des Abgrunds und schauen gemeinsam hinunter. Was dabei entsteht, ist keine nostalgische Verbeugung, sondern eine düstere Neuverhandlung von Emotion, Erinnerung und musikalischer Identität – kompromisslos, reduziert und doch erstaunlich zeitlos.

Mit ‘Abyssmal Affairs’ veröffentlichen die beiden nun Anfang 2026 ihre mittlerweile vierte gemeinsame EP. Das Release erscheint am 09.01.2026 über Eygenutz Records und setzt konsequent fort, was dieses Projekt seit einiger Zeit auszeichnet: die Liebe zur ungewöhnlichen Coverversion als eigenständige Kunstform. Musikalisch bewegt sich die EP zwischen Dark Folk, Neo-Klassik und Dark Electro, ohne sich jedoch an Genregrenzen aufzuhalten. Hier wird Atmosphäre nicht dekoriert, sondern aufgebaut – Schicht für Schicht und Ton für Ton.

Die Auswahl der Songs liest sich vertraut, ihr Klangbild hingegen nicht. Stücke von Nick Cave und PJ Harvey werden nicht einfach neu eingespielt, sondern in ihre emotionalen Grundbestandteile zerlegt. Statt moderner Produktionsglätte setzen Bianca und Marc auf historische und seltene Instrumente wie Nyckelharpa, Hackbrett oder Clavichord, ergänzt durch analoge Geräuschquellen. Aha! Das Ergebnis wirkt archaisch und unmittelbar, fast so, als hätten diese Songs schon immer genau so existieren wollen.

Biancas Stimme steht dabei natürlich erneut im Zentrum: verletzlich, bestimmt und mit einer Intensität, die sich nicht anbiedert. Erstmals tritt Mark Benecke zusätzlich auch gesanglich in Erscheinung ... huiii.... und erweitert die Arrangements um eine dunkle und nennen wir es mal eindringliche Ebene. Beide Stimmen verschmelzen zu einem Dialog aus Nähe und Distanz, aus Licht und Schatten, der sich besonders eindrucksvoll in Interpretationen wie ‘Sabrina’ oder ‘Henry Lee’ entfaltet.

Ergänzt wird die EP durch zwei hochkarätige Remixe. Solar Fake verwandeln ‘Sabrina’ in einen eleganten, düsteren Clubtrack, während Qntal ‘Henry Lee’ in ein schwebendes, fast sakrales Klanguniversum überführen. ‘Abyssmal Affairs’ ist damit keine Veröffentlichung für den schnellen Effekt, sondern ein Werk, das sich festsetzt, nachhallt und beweist, dass anspruchsvolle, emotionale Musik auch 2026 nichts von ihrer Relevanz verloren hat.