Beborn Beton - A Worthy Compensation

Beborn Beton - A Worthy...

In zahlreichen Musik- und Gesellschaftsmagazinen war es bis vor einigen Jahren recht beliebt, Prominente aus Politik, Kultur und Showbusiness in Interviews nach ihren „5 Alben für eine einsame Insel“ zu fragen. Würde mich die Journaille irrtümlich zu jenen Stars zählen, deren Meinung von öffentlichem Interesse wäre, würde meine Antwort auf diese wunderbare Frage folgendermaßen ausfallen: „Keine Ahnung, ich müsste ein paar Tage darüber nachdenken. Aber das Album Nightfall von Beborn Beton wäre auf jeden Fall dabei.“ Die darauf folgende Frage des verblüfften Reporters, wer denn „Biborn Betong“ sei, würde ich vermutlich schon gar nicht mehr hören, denn die monotonen Worte meines Gesprächspartners wären längst von den packenden Melodien meines absoluten Lieblingsalbums übertönt worden.

Was waren das damals für großartige Songs: Earth, Mantrap, The Colour of Love … Die Liste ließe sich zwar nicht endlos fortsetzen, doch von Track 1 bis Track 11 diagnostizierten meine Ohren ausnahmslos Hitpotenzial. Mit diesem Hintergrund ist es schwer, das aktuelle Album A Worthy Compensation objektiv zu bewerten. Nach Nightfall erschienen die ebenfalls starken Alben Truth und Fake, die zwar nicht ganz an die Klasse des ewigen Spitzenreiters herankommen, aber dennoch zu den besten Synthiepop-Alben ihrer jeweiligen Jahrgänge zählen. Seit fast 15 Jahren warte ich nun auf das schon genauso lange angekündigte „neue“ Album von Beborn Beton. Und gemäß dem Sprichwort „Was lange währt, wird endlich gut“ liegt es nun im CD-Player – seit knapp zehn Tagen quasi konkurrenzlos. Um es direkt vorwegzunehmen: Den Nightfall-Thron kann die 50-minütige Kompensation für das fieberhafte Warten auf neues Material zwar nicht stürzen, doch es steht außer Frage, dass Stefan (Stefan Netschio), Till (Stefan Tillmann) und Micha (Michael B. Wagner) erneut ein herausragendes Werk geschaffen haben.

Aber Vorsicht: Die zehn Lieder entfalten ihre Wirkung am besten im Gesamtzusammenhang. Käufer einzelner Songs könnten ratlos dreinblicken, wenn sie die Vorabsingle Daisy Cutter während des Rasenmähens nebenbei hören. Der betont rockige Refrain im Stil der frühen Mesh wirkt anfangs irritierend, doch spätestens mit dem entspannten I Believe, das sich auch im Radio gut machen würde, legt sich die Verunsicherung. Bei 24/7 Mystery wird der Einfluss von Produzent Olaf Wollschläger deutlich spürbar, dem wohl angesagtesten Synthpop-Produzenten der letzten Dekade. Bereits vor knapp drei Jahren wurde eine frühe Version dieser energiegeladenen Nummer auf einem Sampler veröffentlicht, doch die Überarbeitung hebt das ohnehin stimmige Material auf ein neues Niveau. Noch offensichtlicher zeigt sich Wollschlägers Handschrift bei Anorexic World: Klare Drums und ein eingängiges Rhythmusgerüst, ergänzt durch kratzende Beats, machen den Song auch clubtauglich.

Die komplexesten Stücke des Albums, A Worthy Compensation und Last Day On Earth, benötigen zwei oder drei Durchläufe, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Besonders empfehlenswert ist das dazugehörige Video zu Last Day On Earth, in dem die drei Bandmitglieder ausdrucksstark in einer unterschwellig bedrohlichen Szenerie agieren, bevor sie schließlich im grellen Licht verschwinden. Für positivere Klänge sorgt She Cried – ein absoluter Ohrwurm mit Mitsing-Potenzial, der den lyrischen Anspruch des Albums dennoch nicht verwässert. Auch Terribly Wrong bleibt im Kopf, während die schwermütige Dark-Pop-Ballade Who Watches The Watchmen das abwechslungsreiche Klangspektrum des Albums eindrucksvoll abschließt.

'A Worthy Compensation' schafft es zwar nicht auf meine imaginäre einsame Insel, doch da diese Frage ohnehin nur hypothetisch ist, genieße ich bis auf Weiteres das Comeback dieser fantastischen Band – ohne jegliche Reue. Brillantes Songwriting, glasklare Produktion, tiefgründige Texte, abwechslungsreiche Klänge und eine fesselnde Spannungskurve: Beborn Beton sind zurück und sichern sich erneut ihren Platz in meiner persönlichen Champions League des Synthpop.

Beborn Beton - A Worthy Compensation
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