So gesehen deckt "Geräuschinformatik" namentlich das musikalische Spektrum, die Art der Klangerzeugung und den aktuellen Ausbildungsstand (ICEM - Institut für Computermusik und elektronische Medien) vom Ruhrgebietler Lukas Schneider aka Auto Aggression komplett ab. Auf dem Debütalbum finden sich sehr viele Geräusche wieder - kombiniert zu Industrialtracks, beschaulicheren Sachen, Songs mit Technobeats, Electro-Sound und nicht zuletzt mehr oder weniger stark durch einen Experimentalfilter gejagt. Und genau diese Mischung scheint es zu sein, die die Fachwelt hat aufhören lassen, nachdem mehrere VÖs, vor allem auf den Septic-Samplern, erfolgt waren. Doch wer nun diese Scheibe in den Player legt und sich mit krachenden, teilweise unkonventionell arrangierten Sounds (siehe "Das Nyquist-Theorem") volldröhnen lassen möchte, wie er/sie es von den Samplerbeiträgen oder unzähligen DJ-Playlists kennt, wird ziemlich schnell die Stirn runzeln, wie weit die Spannweite des in sich geschlossenen Feldes der Geräuschinformatik reichen kann. Sicherlich erschließt sich die CD nicht beim ersten Durchlauf, da nicht ganz zu Unrecht eine neue Kategorie dafür ins Leben gerufen wurde - "Intellectual Industrial". (Müssen neue Musikstile eigentlich immer gleich zur bildungsmäßigen Abgrenzung einen intellektuellen Touch angefügt bekommen?) Die teils neuartigen Arrangements und die Produktion sind definitiv erstklassig, doch ist es auf jeden Fall von Vorteil, die CD aufgrund der ruhigeren Titel in mehreren Stimmungslagen zu hören, um das Spektrum besser erfassen zu können. Vielleicht wäre es für die Tracklist von Vorteil gewesen, alle tanzbaren Tracks hintereinander zu reihen und mit den "geruhsameren" anschließend genauso vorzugehen - ähnlich Combichrists "Everybody Hates You", der dies auf 2 CDs verteilte. Denn wenn die richtige Stimmung fehlt, kann nach den beiden ersten beatlastigen Tracks und dem folgenden, ruhigen der vierte durchaus zum Skippen führen, was so sicherlich nicht gewollt ist. Die Samples sind teilweise auch sehr experimentell gewählt, so bspw. bei "3.14", wo es neben der Zahl Pi auch um Fast-Blindheit durch zu langes in die Sonne starren und um Kopfschmerzen geht. Oder bei "Aufwärtsrosten", wo etwas mehr elektronische Bearbeitung vielleicht sogar besser gewesen wäre. Aber das bleibt ja dem Künstler überlassen. Alles in allem bietet "Geräuschinformatik" einen neuen Einblick in die Möglichkeiten der Komposition elektronischer Songs für den Tanz und ruhigere Momente, wobei letzt genanntere der Tracklist keinen Gefallen tun, indem sie sich inmitten der beatlastigen Titel befinden und somit dem Club-Charakter gleich wieder seine Stärke entreißen.