Mit "In the realm of hungry ghosts" legt Martin Bowes, kreativer Kopf hinter Attrition, erneut ein Re-Release vor, erstmalig 1986 auf Third Mind Records in Großbritannien veröffentlicht. Das Album ist eine Werkschau rarer Samplerbeiträge und unveröffentlichten Materials aus den Jahren 1982 bis 1984 und wurde von Bowes vollständig remastered und optisch neu gestaltet. Als Bonus gibt es zusätzlich vier Titel vom Third-Mind-Labelsampler "Future Tense" aus dem Jahr 86. "In the realm of hungry ghosts" dokumentiert die frühen Anfänge und Wurzeln eines unvergleichlichen "Kunstprojektes", welches seit jeher eine Fülle an musikalischen Einflüssen aus Punk, Wave, Electronic, Industrial mit einem besonderen Gespür für experimenteller Klangkunst verbindet. Etlichen Titeln dieser frühen Phase haftet eine unterkühlte Atmosphäre an, wirken sie bisweilen sogar recht sperrig und nur schwer zugänglich, um nicht zu sagen verstörend. Das soundtrackartig anmutende "In the realm of hungry ghosts" gleicht einem Wechselbad der Gefühle und Stimmungen: Düstere, sphärische Klangkollagen, streng minimalistisch und dennoch sehr beeindruckend, wechselnd sich ab mit verträumten und melancholischen Stücken, die sanft und beruhigend dahingleiten. Titel wie "In your hand" hingegen entführen mit ihren charismatischen analogen Synthies in die Anfänge der elektronischen Musik und des unterkühlten New Wave. Ein völliges anderes Gesicht zeigen wiederum "Surge and run" oder "Marianne’s Dream", zwei Stücke, deren pulsierende, hypnotische und mystische Grundstimmung einen das Herz der Erde, eine Art naturmagische Kraft spüren lassen – Dark Ambient in Reinkultur. Sanfte, getragene Melodien, gesanglich unterstützt durch Martin Bowes und Julia Waller, wechseln sich ab mit rhythmusgetragenen, manchmal fast theatralisch inszenierten Stücken. So wirkt das Album denn auch mehr wie eine facettenreiche Collage, deren Hauptthema die Generierung einer einzigartigen Atmosphäre mithilfe von ausschließlich elektronischen Instrumenten (die Attrition-typische Violine fehlt hier völlig) und einem bewusst dramatisch und eindringlich eingesetzten Gesang ist. "In the realm of hungry ghosts" ist keine leichte Kost, kein tanzbares oder gar besonders unterhaltendes Werk. Es mutet nachdenklich und vielseitig an, ist aber nur bedingt für jede Stimmungslage geeignet. Titel wie "Marianne’s Dream", "Into the waves" und "Which hand?" gehören jedoch zu den absoluten Highlights und Klassikern, die jederzeit zu begeistern vermögen. Zudem sollte das Re-Release in einer vollständigen Sammler-Diskografie auf keinen Fall fehlen.