Apoptygma Berzerk haben in den 30 Jahren ihres Bestehens sicherlich einige Höhen und (vor allem die älteren Fans in den letzten Jahren) viele Tiefen erlebt. Das norwegische Projekt um Stephan L. Groth hat aber mit Recht einen kleinen Legendenstatus und jeder halbwegs in elektronischen Gefilden beheimatete Musikfan wird beim Bandnamen zumindest wiedererkennend aufhorchen. 30 Jahre, aber seien wir ehrlich, die letzten Jahre liefen musikalisch nicht optimal: das letzte Album vor 10 Jahren war keine „“Raketenwissenschaft“ in Sachen Qualität und seitdem ist die Band zwar live überzeugend unterwegs, aber im Studio herrscht eher Flaute. Und nun die Remix-Zellkur des 25 Jahre alten Debüts ‚Soli Deo Gloria‘. Ich gehe zugegebenermaßen nicht ganz vorbehaltlos an vorliegendes Album, denn a) war ich noch nie flammender Fan von Apoptygma Berzerk, habe b) bis auf das Album ‚7‘ nichts von den Herren im Schrank stehen und fand c) das Debüt aus dem Jahre 1993 ganz gut, aber nicht bewegend. Außerdem spreche ich mich vorab dafür aus, dass wir hierbei nicht von einen Apoptygma Berzerk Album sprechen. Egal, wie ich dieses Werk finde, egal, was ich von der Band in der Gegenwart halte: beides hat wenig miteinander zu tun. Es ist ein Remix Album des Debuts, die Band trug letzten Endes zuletzt vor 25 Jahren dazu bei und dementsprechend muss sich ‚SDGXXV‘ nur dem Vergleich mit dem Original stellen. Und ich muss mich meiner Abneigung gegenüber Remixen stellen.

In drei Teile sind die Remixe unterteilt, allesamt sind rein elektronsicher Natur und zunächst muss ich lobend anerkennen, dass eigentlich für Fans aller elektronischer Spielarten etwas dabei ist. Ich werde im Verlauf nicht die einzelnen Projekte benennen, die sich an die Stücke wagten – ich bitte dies zu verzeihen, aber sonst artet mein Textungetüm nur noch mehr aus. Ein Blick in die Liste zeigte mir aber eines: Ich habe augenscheinlich wenig Ahnung vom elektronischen Umfeld von Apoptygma Berzerk, da mir nicht ein einziger Name bekannt vorkommt. Ich habe aber auch zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass es sich um eine lieblose Geldmaschine handelt, weswegen ich die Auswahl an Künstlern als im Ergebnis sehr glücklich bezeichnen will. Schauen wir also einmal auf die inneren Werte der in drei Akten eingeteilten Sammlung und warum insbesondere der dritte Teil doch tatsächlich meine Abneigung gegen Remixe abmildern und mich fast schon begeistern konnte:

Im ersten Akt finden sich Versionen, die noch recht nah an den Originalen gehalten sind und vor allem durch schnelle, in die Beine gehende Rhythmik auffallen. Der Einstieg “I - Like blood from the beloved (part 1)” gefällt mit ausgesprochen. “I - Burning heretic” ist dann ein zwar recht gelungener Stampfer geworden, jedoch fehlt genau das Element, das ich am meisten mit diesem Klassiker verbinde: Die hohen, elektronischen Geisterlaute im Refrain wurden durch tiefergelegte Keyboardparts ersetzt. Geht in Ordnung, geht ins Bein, passt schon. Auch “I – Backdraft” ist sehr nahe am Original mit erhöhtem Druck in Produktion und Rhythmik. “I- Stitch” hält sich auch nahe am Original, klingt aber durch die vollere Produktion stärker nach frühen Suicide Commando, “I – Arp” ist eine kitschig schöne Ballade geworden, die in meinen Ohren durch das Minimieren der quäkigen Sounds das Original hinter sich lässt und “I – The sentinel” beschließt den ersten Akt als Ambientstück.

Akt zwei lässt sich mit “II – Walk with me” pathosgeladen an, “II – Backdraft” wummert recht stumpf drauf los und ist ein Retorten-Remix wie tausende vor ihm – alle Elemente, alle Ideen funktionieren, weil eben auch tausendfach erprobt. “II – Spiritual reality” kitzelt noch etwas mehr EBM aus dem Original aus und mischt auch den Gesang moderner ab, “II – Stitch” wird zu einem düster-schwelenden Fiebertraum und “II – Bitch” tut die Verjüngung und das Botox in der Produktion in meinen Ohren nicht wirklich gut – zu wenig geändert, etwas lieblos wirkend. Da kann “II – Borrowed time” wesentlich mehr, wirkt schlüssiger als das Original und kriecht zäh und monoton aus den Boxen.

“III – The sentinel” erzeugt die höchste atmosphärische Dichte aller Namensvetter auf diesem Album, würde auch gut auf ein MZ 412 Album passen und beginnt meinen favorisierten Akt des Albums, denn wenn es schon Remixe sein müssen, so bevorzuge ich doch sehr diejenigen, die sich trauen, sich vom Original zu entfernen und etwas Neues zu schaffen. “III - Stitches” wird zu einer minutenlangen Vorführung des Bass-Sounds, Melodien scheinen verschwunden, die Vocals wurden in vocoderte Unverständlichkeiten verwandelt und mit etwas Konzentration hört man noch den Titel – klasse und eigenständig. Noch besser gefällt mir die Spoken Word Variante von “III – Ashes to ashes”, wunderbar in der Produktion und eine düstere Trostlosigkeit vermittelnd während “III – Skyscraping” ganz anders aus dem Original eine muntere Minimal-Nummer zaubert. Kein Zauberwerk, Minimal eben aber angenehm weit weg von der 1993er Variante. “III – All tomorrows parties” bringt dann wieder etwas Routine in den Remixreigen, ist eine gut produzierte, verträumte, aber nah am Orginal verbleibende Variante. ‘SDGXXV’ wird schlüssig beendet von einer weiteren Version von “Like blood from the beloved (part 2)”, wenn es auch nicht die Intensität der ersten Version erreicht.

‘SDGXXV’ kann gut für sich stehen, bietet all denjenigen, die das Original nicht kennen genausoviel wie denjenigen, die das Werk seit bis zu 25 Jahren ihr eigen nennen. Für ein Remix Album gefällt es mir sogar ausgesprochen gut, werden zwar in weiten Teilen routiniert die Regler bedient, ohne aber in Belanglosigkeit zu versinken. Nicht schlecht!