Kinders, wie die Zeit vergeht. Das Leben rauscht an mir mit all seinen Forderungen und Aufgaben vorbei und ich blicke seit Wochen sehnsüchtig auf einige Alben, die ich hören durfte, aber einfach nicht dazu kam, ihnen ein paar Zeilen zu gönnen. Schluss damit, ich setze mich mal hin und ignoriere die Welt für eines der schönsten Hobbies in diesen düsteren Zeiten: Musik. Vor allem einen Monat vor Mä/erz.
Wie aus der Zeit gefallen scheint das zehnte Album von Amber Asylum. Die vier Kalifornierinnen wendeten sich inhaltlich den Belastungen zu, denen Frauen in der Geschichte immer wieder ausgesetzt waren um damit einen Soundtrack zu erschaffen, der sich auch auf die aktuelle Situation mit all ihren Unsicherheiten und ihrer wabernden Bedrohungskulisse bezieht. Aber lohnt sich dieses positive Ansinnen denn auch musikalisch?
Die Frage lässt sich nur teilweise in einer Kritik erörtern, da Amber Asylum einen sehr eigenen Pfad in ihrer musikalischen Entwicklung beschreiten, schwer zugänglich und nur mit Zeit und Geduld zu erobern. Grundsätzlich würde ich das Album als doomige Neoklassik beschreiben, wobei ich damit der Musik kaum gerecht werde. Amber Asylum klingen in ihrer aktuellen Besetzung nicht opulent-orchestral, als Ensemble kann man die einzelnen Elemente (Violine, Cello, Drums/Percussions, Bass und Synthies) gut wahrnehmen und der Sound wirkt eher im Stillen. Hoher Frauengesang, eher selten eingesetzt, dann aber Raum einnehmend, vervollständigt den Eindruck eines eher klassischen Settings. Und dennoch nehme ich die Musik auf ‚Red Ruby‘ eher als Doom (Metal) wahr, denn Drums und Bass schaffen ein sonores Korsett, in dem die klassischen Elemente voranschreiten müssen und einen dramatisch-bedrohlichen Todesmarsch schaffen und in meinen Ohren Doom Metal Kapellen näher sind.
‚Red Ruby‘ ist wirklich nur etwas für eine kleinere Zielgruppe, ist die Vermengung zweier so unterschiedlicher Genres eine Herausforderung: Fans klassischer Klänge, die sich im Sound und der avantgardig schrägen Herausforderung wiederfinden, werden sich mit dem monotonen und bisweilen drückenden Rhythmus, den Drums und Bass vorgeben, schwertun und Fans klassischen Dooms brauchen viel Geduld und müssen auf Riffs verzichten. Ich persönlich kann dem Album vor allem in den rein instrumentalen Momenten viel abgewinnen, insbesondere, wenn die klassischen Momente dahintreiben, wie beim wunderbaren „The morrigan“. Der Gesang hingegen fängt mich so gar nicht ein, ist mir oft zu schwülstig und ätherisch und lenkt mich zu sehr von dem Wechselspiel der beiden Instrumental-Welten ab.
Wer Musik nicht nur als reines Genussmittel anerkennt und ab und an auch aus seiner Komfortzone heraustreten möchte, der darf sich angesprochen fühlen. Insbesondere, wenn Doom und/oder Neo-Klassik positiv konnotierte Begriffe sind. Ich bin mir sehr sicher, die vier Frauen haben genau das geschaffen, was sie vorhatten und haben dabei eine faszinierende und unmodern-zeitlose Klanglandschaft geformt, die mitreißen kann. Aber gleichzeitig haben sie damit ihre Zielgruppe verkleinert, denn sicherlich werden viele an der langsamen Schwerfälligkeit, den dramatischen klassischen Elementen und der allgemeinen Trostlosigkeit scheitern.
Amber Asylum - Ruby Red
07.03.2025 / Prophecy Productions
https://amber-asylum.bandcamp.com/album/ruby-red
- Secrets
- Ruby Red
- Demagogue
- The morrigan
- Azure
- Weaver
- A call on the wind