Knapp zwei Jahre nach dem letzten Überflieger-Album "Forever & Beyond" steht Accessory mit neuem Material in den Startlöchern, und leider auch mit einer unerfreulichen Nachricht: Nach langer erfolgreicher Zusammenarbeit hat Ivo Lottig die Band aus beruflichen Gründen verlassen. Accessory ist damit zum Ein-Mann-Projekt von Gründungsmitglied Dirk Steyer geschrumpft, jedoch entstanden alle Titel auf dem aktuellen Release "Holy Machine" noch in gemeinsamer Zusammenarbeit. Mit sieben brandneuen Songs und sechs Remixen hat „Holy Machine“ keine Albumkapazitäten, bietet jedoch viel mehr als die klassische EP (idealerweise wandert sie zum Preis einer solchen über den Ladentisch oder per Post ins Haus).

Waren die letzten Alben bis auf wenige ruhige, balladeske Stücke nur so gespickt mit schnellen, wuchtigen Dancefloor-Nummern, gehen die beiden Chemnitzer nun einen neuen, ungewohnt vielseitigen Weg. So konzentrieren sich Dirk Steyer und Ivo Lottig verstärkt auf deutsche Texte, die sich perfekt in den jeweiligen Song einfügen und keinesfalls hausbacken oder gar verkrampft klingen. Besonders deutlich wird die neue Marschrichtung in der geschickten Kombination vielschichtiger Sounds und unterschiedlichem Tempo und Rhythmus: Während der Titeltrack "Holy Machine" stampfend schwer daherkommt und eher im Midtempo-Bereich anzusiedeln ist, fährt das Duo mit "What the hell is …" ein schnelles, aggressives Dark-Techno-Geschütz auf. "I’m an American" weckt allein aufgrund seines Titels schon großes Interesse – welche Aussage wohl dahintersteckt? Pustekuchen – inhaltlich ist hier nicht viel zu holen, denn die einzigen Lyrics sind in einem spartanisch eingesetzten und nur schwer verständlichen Voice-Sample versteckt, das möglicherweise von einer der vielen überflüssigen Reden George W. Bushs stammen könnte. Dafür punktet der Song mit einem sehr rhythmischen, düsteren Instrumental, das einen interessanten Kontrast zu den ersten beiden Titeln bildet.

"Ewigkeit", bereits vom Sampler "Machineries of Joy, Vol. 4" bekannt, ist mit seinem old school-orientierten Rhythmus simpel gestrickt und gleichzeitig genial. "Endorphine" schlägt in dieselbe Kerbe, steigert sich aber allmählich zu einem sphärischen Midtempo-Track mit hypnotischen Vocals. "Fireworlds" ist neben "Kein Vergeben" ein absolutes Highlight. Der ruhige, breakbeatähnliche Rhythmus, das dezente Voice-Sample und die verträumten, trancigen Melodieflächen sind für Accessory völlig untypisch und erinnern ein wenig an die Wumpscut-Hymne "Thorns". Dieser Titel garantiert einen absoluten Überraschungseffekt mit integriertem Zwang zur "Skip back"-Taste. Mit "Kein Vergeben" setzen Accessory dem neuen Werk schließlich die Krone auf. Der Song überzeugt nicht nur mit einem durchdachten Songtext, sein einfach strukturierter Rhythmus und die poppig-hymnenhafte Melodieführung prädestinieren ihn auch ohne Highspeed-Attacke zum Clubkracher, diesmal mit Zwang zum Mitsingen. Sämtliche Remixe von "Holy Machine", "Kein Vergeben" und "Ewigkeit" (u.a. von Cephalgy, Pandique und F.O.D.) sind von außerordentlicher Qualität – nicht unbedingt besser als das Original, aber für manche DJs wohl die erste Wahl. Pandique und Addicted Dreams etwa haben aus "Kein Vergeben" zwei völlig unterschiedliche Songs geremixed, die jedoch auf erstaunliche Weise das Feeling des Originals bewahrt haben. Völlig aus dem Rahmen fällt der Ewigkeit-Remix von Mentalic, der mit dem ursprünglichen Titel quasi nichts mehr gemein hat.

Das in Dresden und auf myspace.com beheimatete Technoprojekt hat hier eine coole, verfrickelte freestyle-Variante gezimmert, das in nicht schwarzen Electroclubs vermutlich eher seine Anhänger finden dürfte. Das Resümee ist eindeutig: Mit "Holy Machine" ist Accessory ein absoluter Treffer gelungen. Auch wenn sich diese EP nicht mit einem fulltime-Album vergleichen lässt: "Titan" sowie "Forever & Beyond" waren/sind sehr gut, "Holy Machine" jedoch kann in Punkto Weiterentwicklung, Spannung und Abwechslungsreichtum neue Maßstäbe setzen! Bleibt nur noch der Wunsch, Dirk Steyer zusammen mit seinen Live-Kollegen bald wieder auf der Bühne sehen zu dürfen.