Wer sich ein wenig mehr mit Musik abseits des Mainstreams (selbst dem innerhalb des sog. Undergrounds) beschäftigt, ist sicherlich schon einmal auf das seltsame Projekt des Mirko Ulhlig mit der noch seltsameren Benennung Aalfang mit Pferdekopf gestoßen. Auch ich bin bereits öfter über diesen Namen, der mich immer an eine ekelerregende Szene aus der Verfilmung von Günther Grass' „Blechtrommel“ erinnert, gestolpert, muß allerdings zu meiner Schande gestehen, mich noch nie eingehender mit dessen Oevre befaßt zu haben. Ein schwerer Fehler, der mir bewußt wurde, als mir letztens die aktuelle, mit „Is It Possible To Be At War With You?" betitelte und von Uhlig allein geschaffene CD-R (das kürzlich hier besprochene “Hermit Haven" entstand in Kollaboration mit Dronæment) liebevoll verpackt ins Haus flatterte. Was also bietet die Scheibe, daß ich mich an dieser Stelle schon veranlaßt sehe, eine Kaufempfehlung für alle aufgeschlossenen Konsumenten auszusprechen? Vor allem Überraschungen, oder genauer, unerwartete Wendungen. Beginnen wir mit dem skurrilen „Auf Wasserleichen gehen“, das den Hörer zunächst mit harmlosen Songwriter-Folksound einzulullen versucht. Dennoch stimmt irgendetwas nicht. Es ist zum einen der Gesang, der wirkt, als wäre er nach einem tiefen Zug aus der Helium-Flasche aufgenommen worden, zum anderen der kurze Ambient-Einschub etwa in der Mitte des Tracks sowie ein zweiter Break, der nach langgezogenen Drones mit schrillen Störsequenzen strapaziert. Überhaupt scheint Mirko Uhlig Gefallen am Stören zu haben, denn der Titelsong kommt zunächst ebenfalls wie eine gemächliche Neofolk-Nummer daher. Hört man genauer hin, fallen schon während der Strophen immer wieder subtile, schwer einzuordnende Geräusche auf, welche den harmonischen Fluß scheibchenweise ad absurdum führen, bevor Elektronikflächen und fragmentierte Feldaufnahmen Stimme und Akustikgitarre vollends verdrängen, um schließlich zum Anfang zurückzukehren, als ob nichts geschehen wäre. In „The Scope Of A Bee“ meint man gar, zwischen den Gitarrenakkorden das Quaken von Enten (?) zu vernehmen, während „Marram Grass“ von Blitz, Donner und Noise-Splittern abgewürgt wird. Zwischen diesen, auf den ersten Blick hervorstechenden, gesangsbetonten Liedern könnte man denken, daß die rein instrumentalen, mit dem Ambient verhafteten Tracks lediglich Füller sind – sind sie jedoch keineswegs. Mit großer Liebe zum Detail arrangiert und geschickt mit- und ineinander verflochten, wird der Rezipient mittels vieler extravaganter Spielereien quasi in eine parallele, klangliche Realität entführt, der man sich, einmal entdeckt, schwerlich wieder entziehen kann. Und so reißt einen das finale „Chicken Poxes“ mit seiner erneut fast klassischen Neofolk-Ausrichtung, eher unsanft zurück in die Wirklichkeit, schließt aber in letzter Konsequenz den Kreis. Experimentell, vielschichtig, absonderlich. Es gäbe viele Attribute, die auf „Is It Possible To Be At War With You?“ zutreffen, jedoch keines, um dieses Werk allumfassend zu beschreiben, geschweige denn zu kategorisieren. Und genau dieses Ziel scheint Aalfang mit Pferdekopf ja vehement zu verfolgen. Mission geglückt – Gratulation, Herr Uhlig!