...und nach etlichen Hördurchläufen kann ich mich zurücklehen und A forest of stars beglückwünschen. Jau, die Dame und Herren aus dem im Hochzeitsfieber schwelenden vereinten Königreich haben uns ein wunderbares Wiedergutmachungsgeschenk gemacht für tagelange Nachrichtenblockade mit Neuigkeiten zur Relevanz kleiner, schräg sitzender Hüte an Ehrengästen der Hochzeitszeremonie. Und mit ihren "Opportunistic thieves of spring" klauen die 5 Musiker nicht nur den Frühling sondern auch der ganzen Hochzeit die Show: dieses Album ist ein Freudenfest... wenn man es eben etwas knüppeliger mag. Was aber erwartet den enthusiastischen Hörer? Zunächsteinmal ein Fundament aus Blackmetal, an dem es nichts auszusetzen gibt. Schicke Gitarren, Keifgesang der etwas krankeren Art, solide Drumarbeit – alles ist räudig und derb abgemischt und gefällt auf Anhieb. Damit sind A forest of stars gleichauf mit drölf Millionen anderen Bands – warum also meine Begeisterung? Es liegt zum einen an der Wirkung der vorgetragenen Stücke. Die Gitarrenmelodien sind so doomig-wuchtig, dass der Hörer zunächst in den Sessel gedrückt wird und fassungslos die Matte kreisen lassen muss. Hier sind Nackenwirbel mächtig gefährdet! Dann wären da weiterhin die gekonnten Einsätze von Violine und Keyboards: Anstatt im Hintergrund zu begleiten oder kitschig zu verkleistern bilden diese Elemente einen gekonnt eingestetzen Gegenpart zum Gitarrenbrett. Schon im Eingangssong "Sorrow's impetus" wirkt die Violine so verloren und schief, fast so, als ob die Violinistin mit aller Macht versucht, wieder die klassische Grundordnung in der zerfahrenen Blackmetalwelt herzustellen. Eingängig ist keiner der sechs überlangen Songs (alle zwischen 8 und 16 Minuten). Da verwandeln sich stille Akustikgitarrenparts in infernalische Duette zwischen Flöte (!) und E-Gitarren ("Raven eye's view"), ein wundervolles Violinenintro verwandelt sich in einen großartig verträumtes "Thunder's cannonade" und schließlich singt eine junge Frau (Katheryne, sonst an Violine oder Flöte zu hören) ruhig und zurückhaltend gegen die Gitarrenwände und das Keifen von Mr. Curse an. Da könnten sich andere Bands mal eine Scheibe abschneiden: so unkitschig können und sollten solche Duette klingen. Das abschließende "Delay's progression" bringt zum Abschluss die vollkommene Entrückung mit sich: die ruhig niederwalzende Ballade wird mit Kraftwerk-Vocoder-Gesang unterlegt und verwirrt und begeistert nun entgültig. Ein gelungener Abschluss der durch dieses neue und "futuristische" Element darauf hindeutet, dass eine Entwicklung stattgefunden hat und das Ende des Albums einen Neuanfang darstellt. Wieder einmal kein einfach zu konsumierendes Album, doch die Zeit, die man mit A forest of stars verbringt ist keine verschwendete. Statt ausgelutschter Wiederholung der immergleichen Standarts des Genres, wahnhafter Suche nach neuen Wegen um möglichst besonders zu sein oder überambitionierter Erarbeitung intellektueller Höchstleistungen schaffen die Engländer ein unaufdringliches aber dafür umsomehr beeindruckendes Werk, das sich mit jedem Hördurchlauf immer mehr wächst.