Ist es vermessen, schon im Juli vom Elektronik-Album des Jahres zu sprechen? Vielleicht, aber ich lehne mich jetzt mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte: Etwas Großartigeres als „Not Bleeding Red“ von Nothing But Noise wird mir in diesem Jahr wohl nicht mehr unterkommen.

Nothing But Noise – so nennt sich ein Nebenprojekt der EBM-Pioniere Front 242. Genauer gesagt: Front-242-Mastermind Daniel Bressanutti alias Daniel B. tat sich mit Gründungsmitglied Dirk Bergen und Erwin Jadot zusammen, um etwas zu schaffen, das mit Front 242 musikalisch (fast) nichts zu tun hat. Wer also aggressive Tanzmucke mit donnernden Synthies und treibenden Drums erwartet, wird schwerst(!) enttäuscht. Stattdessen nimmt das Trio den Hörer mit auf eine Zeitreise in die 70er-Jahre, als in Deutschland Krautrocker wie Tangerine Dream, Manuel Göttsching oder Klaus Schulze dem Synthesizer zum Durchbruch verhalfen.

Nothing But Noise – der Name ist Programm: Kein Schlagzeug, kein Gesang, stattdessen nur sphärisch-psychedelische Landschaften, die zumeist ganz ruhig beginnen und sich dann durch hypnotische Sequenzer-Kaskaden zu wahren Klanggebirgen steigern. Dabei kommt ausschließlich analoges Equipment zum Einsatz, was die Nähe zu den vorgenannten Krautrockern zusätzlich unterstreicht. Und doch: Wer aufmerksam zuhört, entdeckt in den zum Teil über 15 Minuten langen Stücken (etwa in „Mooglish“ oder „Ck: 242 Hurtz/Vorspiel“) auch die Basiselemente, die in vielen Front-242-Stücken stecken.

Kein Zweifel: Hier sind absolute Könner am Werk, die mit ihrem Erstling Maßstäbe setzen. Zum Schluss noch ein Tipp: Normalerweise hat das Album neun Tracks. Wer es bei iTunes kauft, erhält ein zehntes Bonus-Stück. Und wer Facebook-Fan von Nothing But Noise wird, darf einen weiteren Titel herunterladen.