„Last vision“ ist das Debut-Album des neuen Seitenprojektes von Lee Lauer, der sich bereits als Mitglied der EBM-Formation „Aslan Faction“ einen Namen machen konnte. Zusammen mit Karen King, die schon dem Song „Bring on the dying“ von A.F. erfolgreich ihre Stimme lieh, beschreitet der Brite nun etwas ruhigere, experimentellere Electro-Pfade. Wer dieses Album für sich entdecken möchte, sollte allerdings genügend Zeit und Aufgeschlossenheit mitbringen. Denn die Songs auf „Last Vision“ sind nicht unbedingt das, was man als sehr eingängig und „mit Ohrwurmcharakter“ nennen könnte. So zieht etwa Killing Ophelia’s Label Black Rain Records musikalische Parallelen zur deutschen Avantgarde-Elektronik-Formation „Non Compos Mentis“, deren Erfolg hauptsächlich auf die charismatische und stimmlich außergewöhnliche Sängerin zurückzuführen sein dürfte.

Ein Vergleich, den man durchaus so stehen lassen kann. Denn Mittelpunkt aller zwölf Songs auf „Last Vision“ ist die eigenwillige, ausdrucksstarke und manchmal fast an der Verzweiflung zerbrechend wirkende Stimme von Karen King. Zusammen mit Lee Lauers rhythmischem und abwechslungsreichem Electro-Sound erschaffen „Killing Ophelia“ eine relativ ruhige und düstere Atmosphäre, die streckenweise sehr gewöhnungsbedürftig ist. Allerdings lebt „Last Vision“ von musikalischen und stimmlichen Überraschungsmomenten, die das Album keine Sekunde langweilig werden lassen. Vor allem „Fear of the Dark“ und „Never“ transportieren eine dichte, atmosphärische Stimmung, der man sich nur schwer entziehen kann. Der extrem tanzbare Song „Hyde“ besitzt sogar durchaus das Potential, ein Tanzflächenfüller zu werden. Allerdings wohl nur in Clubs mit aufgeschlossenen DJs... . Killing Ophelia’s Debut ist in positivem Sinne wieder eine jener Platten, die sich nicht sofort in bester (oder schlechtester) Schlager-Manier ins Gehirn schraubt, sondern erst Stück für Stück entdeckt werden will.

Dass neben der Musik auch das Wort auf diesem Album eine große Bedeutung hat, zeigen die sehr persönlichen und bildhaften Texte, die fast alle aus Karen Kings Feder stammen. Schade nur, dass sie – trotz der ansprechenden Booklet-Gestaltung – relativ schlecht lesbar sind. Freunden des konventionellen EBM oder Future-/Synthie-Pops wird es wahrscheinlich schwerfallen, sich mit diesem Album anzufreunden. Denn „Last Vision“ ist im Ganzen wohl eher kein Album für Bewegungsfreaks, sondern mehr für "Traumtänzer" in der dunklen Chillout-Area geeignet.