Es ist eine Weile her, dass ich hier eine Kritik schrieb – es lag nicht an einem Mangel an mehr oder weniger spannenden Veröffentlichungen, das Leben holte mich eher mal wieder ein. So ist das mit Hobbies und wenn ich jetzt so auf die angesammelten Promos blicke, dann muss ich auch sagen, dass diese mir die Rückkehr nicht wirklich erleichterten. Kaum eine Scheibe, die mich wirklich ergriff, viele, bei denen mir die Worte fehlen, weil sie einfach wenig in mir bewegen.

Ganz besonders fiel mir dabei das Debüt von Linnea Hjertén aus dem schwedischen Stockholm auf, das, über Nordvis vertrieben, vertonte Belanglosigkeit darstellt – zumindest in meinen Ohren. Denn obwohl ich in der skandinavischen Melange von Folk und rituellem Ambient an beiden Seiten des Spektrums schon oft mein Herz verschenken konnte, bewegt sich hier gar nichts in mir.

Grundsätzlich passt eigentlich alles. Schön produziert werden Perkussion, Keyboardklangwände und natürliche Instrumente vermischt und über allem klingt angenehmer, weiblicher Gesang. Da kann doch nicht viel schiefgehen, oder? Jedoch, melodisch ist da wenig Bemerkenswertes dabei. Die Dramatik, die sich, wie beim vierten Titel, durch intensiver werdende Trommeln aufbauen soll, wird zeitgleich mit den sehr künstlich klingenden Keyboards geschmälert. Für rein rituelle Musik passiert hingegen viel zu viel und die Melodien sind zu klar greifbar. Wenn ich da an Wardruna denke und die Mühen, die sich dieses Projekt gibt, Ambient und Folk mal zu verschmelzen und mal klar zu trennen, wirkt dies hier wie gewollt, aber nicht gekonnt. Vielleicht sind es aber auch nur die ersten Versuche und die Möglichkeiten sind zu gering. Die Beschreibung des Albums auf der eigenen bandcamp Präsentation verspricht zwar eher die Erreichung aller Ziele, wenn es um dieses Genre geht, aber naja, im Zweifel für die Angeklagte? Schließlich aber ist der Gesang das Element, das mich am stärksten fortgetrieben hat. Linnea Hjertén hat keine schlechte Stimme und sicherlich ist die Gruppe der Personen, die engelsgleich schöne Töne mögen nicht gering. Aber da sie sich entschieden hat, ohne Worte zu jauchzen und zu schwelgen, wirkt dieses Debüt auf mich wie eine zuckersüße Belanglosigkeit. Keine Texte, keine Ecken und Kanten und wahrlich keine Stimmung, die ich mit einem urtümlichen Ritual in Verbindung würde. Es ist so furchtbar nett, dass es nicht einmal an mir abzuperlen vermag. Es regt mich einfach nur auf. Ich will das nicht hören. Das ist mir zu lieblich-harmlos.

Wer es klar und direkt mag, der sollte die traumhaften Werke von Hagalaz Runedance sichten, wer Anspruch und ein Pendeln zwischen den Welten Folk und Ambient schätzt ist bei Wardruna fantastisch aufgehoben, rituelle Kunst ist Live bei Heilung sehr spannend, rein akustisch würde ich Draugurinn eher empfehlen. Und das sind nur die ersten vier Namen, die mir einfallen. Es gibt viele weitere, die man sich eher anhören sollte als Linnea Hjertén. Ich werde jetzt die Dateien löschen und das wird die schönste Erfahrung sein, die ich mit diesem Debüt machen werde. Sorry.


Linnea Hjertén – Nio systrar

12.01.2024 / Nordvis Productions


https://linneahjerten.bandcamp.com/album/nio-systrar


  1. Noder
  2. Vagen In
  3. Nio Systrar
  4. Uppsat
  5. Skuggan
  6. Avgrund
  7. Aterfodelse