Als im Sommer 2013 das lang ersehnte Debüt von .com/kill endlich erschien, war die Reaktion in der Szene gewaltig: Begeisterte Kritiken, gespannte Erwartungshaltungen und ein spürbares „Endlich-da!“-Aufatmen begleiteten die Veröffentlichung. Zwei Jahre später – wir schreiben inzwischen Mitte 2015 – lohnt ein nüchterner Blick darauf, was jenes Nebenprojekt wirklich bietet, an dem Adrian Hates offenkundig über Jahre im Hintergrund gewerkelt hatte, während Diary of Dreams selbstverständlich Priorität genoss. Gemeinsam mit seinem langjährigen DoD-Wegbegleiter Gaun:A machte Hates schließlich Ernst und hob .com/kill mit einem selbstbetitelten Erstling aus der Taufe.
Auch ohne ein beinharter Diary-of-Dreams-Jünger zu sein, erkennt man die Herkunft des Materials sofort – allerdings eher als radikale Verwerfung denn als logische Weiterführung. Wo bei Diary of Dreams Melancholie, Tiefgang und Dunkelromantik herrschen, walzt .com/kill mit Wut, Schmutz und kontrollierter Zerstörungsenergie nach vorne. Die Stimme tritt großteils in den Hintergrund; stattdessen dominiert ein heiserer, bedrohlicher Sprech- und Shoutstil von Hates, der die ohnehin karge Atmosphäre weiter verhärtet. Neun Stücke plus ein Bonusvideo zu „Monster divine“ – ein charmant zusammengebastelter Clip, teilweise in einem kleinen Kölner Club gedreht – müssen ausreichen, um aus den bewusst schlicht gehaltenen Tracks ein Kopfkino zu zaubern.
Die Frage ist nur: gelingt das?
Musikalisch wirken die Songs überraschend eindimensional. Tricks, Experimente oder dramaturgische Ideen? Fehlanzeige. Mit Ausnahme der wie gewohnt durchdachten Texte, die auch im raueren Umfeld noch deutliche Hates-Handschrift tragen, klingt vieles so reduziert, dass man kaum glauben mag, dass hier dieselben Köpfe hinter Diary of Dreams agieren. Der Sound bewegt sich zwischen langsamem und mittlerem Tempo, tendenziell clubtauglich, aber selten wirklich zwingend. Stücke wie „Machine“ oder „Out of Control“ besitzen immerhin den nötigen Drive für die Tanzfläche – jedoch ohne den Charakter, der sie im Gedächtnis verankern würde. „Monster divine“ und „Knecht der Lüge“ hingegen plätschern in gepflegter Bedeutungslosigkeit vor sich hin, und „Who:ah“ erinnert so stark an die Frühphase von Front 242, dass man fast erwartet, irgendwo die Jahreszahl 1985 aufblinken zu sehen. Nicht originell, aber immerhin solide.
Am Ende bleibt die Frage, ob .com/kill bewusst als rohes, reduziertes Ventil gedacht war – frei von Tiefgang, Dramaturgie und Komplexität – oder ob die jahrelange Geheimnistuerei am Ende mehr Rauch als Feuer war. Zeitdruck kann kaum der Grund gewesen sein, oder doch? Vielleicht musste das Album schlicht „endlich raus“, bevor es überhaupt die Chance hatte, fertig zu reifen. Merkwürdig ist jedenfalls, wie schnell das Projekt nach seiner Veröffentlichung wieder in der Versenkung verschwunden ist. Was das wohl bedeuten mag?
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