Xotox & Detune-X - We Are Deaf

Was haben "Xotox" und "Detune-X" gemeinsam? Richtig, sie sind fester Bestandteil der psychologischen Folter in geheimen CIA-Camps, aber nicht nur das, denn sie haben sich nun zusammengetan und ihr ohrenbetäubendes Talent in Form eines Albums namens "We Are Deaf" kombiniert. Die mir vorliegende Variante ist auf 799 Stück limitiert, und das Box-Set, welches zusätzlich Remixes von Geistform und Sandblasting, sowie einen weiteren Track von Detune-X enthält, ist nur 199 mal erhältlich. Mit seinem Projekt "Xotox", gegründet 1998, feierte Andreas Davids schon einige DAC-Erfolge. Er selbst beschreibt seinen Stil als "industrial for hyperactive people", zusammengesetzt aus harten Beats, rudimentären Melodien und gelegentlichen Noise-Anleihen. Hinter dem 2004 als Nebenprojekt ins Leben gerufenen "Detune-X" steckt Stefano Rossello, der schon als Frontmann des ebenfalls von ihm initiierten "Bahntier" eine beachtliche Laufbahn vorzuweisen hat. Mit "Detune-X" beteiligte er sich unter anderem am Schlagstrom-Festival und dem Maschinenfest, desweiteren kooperierte er für das Album "Purevil" mit Eric Van Wonterghem, seinerseits bekannt durch Monolith und Sonar. Lange Rede, kurzer Sinn: Wir haben es hier mit zwei Personen zu tun, die wissen, wie man die Dezibel aus den Lautsprechern kitzelt. "Xotox" und "Detune-X" wechseln sich in der Tracklist konsequent ab, beide haben jeweils 2 Stücke produziert, die sie dann nochmal gegenseitig remixen. Die letzten beiden Lieder stellen die 2 Teile einer Jam-Session der beiden dar. So werden aus dem Material für 4 Tracks 8 hervorgezaubert, na wenn das kein Paradebeispiel für Effizienz ist. "Xotox" leitet das Album mit "Grenouille Mechanique" ein und liefert ein aggressives, verzerrtes, sowie monotones, Beat-Gewitter und eine, teils kaum zu vernehmende, Synthie-Klangfläche, die eine minimale Melodie hervorbringt. "Toolsuck" ist dagegen geprägt durch punktuellen, harten Bass-Kick und rhythmisches Rauschen. Sofern man hier überhaupt von Melodie sprechen kann, reduziert sie sich auf Schläge in 3 verschiedenen Tonhöhen. "Please Don't Encourage Me Anymore" ist vergleichsweise ruhig, denn im Vordergrund steht ein beunruhigender, nach Gitarren-Feedback klingender Sound, der fast Ambient-Qualität erreicht. Beats werden zu Beginn eher spärlich eingesetzt, sind aber im weiteren Verlauf des Stücks immer präsenter. "My Beautiful Doll" ähnelt "Toolsuck" in der Hinsicht, dass hier auch nicht gerade von Melodie gesprochen werden kann und der Bass-Kick präzise wie ein Uhrwerk durchläuft. Originell klingt dies nicht unbedingt. Im "Toolsuck"-Remix belässt es "Xotox" beim geradlinigen Stampfen, schraubt das verzerrte Rauschen jedoch zurück und überrascht (zumindest mich) im letzten Drittel mit klaren, melodiösen Synthie-Anschlägen, die in dieser Form eher im Lounge-Bereich zu erwarten wären und hier, in Kombination mit dem unerbittlichen Wummern, einen interessanten Effekt entwickeln. Bei "My Beautiful Doll" zeigt er dann eine ähnliche Herangehensweise, indem er das Rauschen und die etwas stressigen Höhen reduziert und den Beat, wie nun gewohnt, durchlaufen lässt. Ähnlich wie bei "Grenouille Mechanique" muss man schon etwas genauer hinhören, um die Melodie im Hintergrund wahrzunehmen. Der "Detune-X"-Remix von "Grenouille Mechanique" erinnert mich etwas an Samba, im Vergleich zum Original strapazieren die Höhen jedoch etwas zu stark die Nerven. Beim "Please Don't Encourage Me Anymore"-Remix fügt er dem Lied eine Art Breakbeat-Rhythmus hinzu, der gut zum erwähnten Feedback passt. Das Zusammenspiel in der Jam-Session kann der Kategorie Rhythmic Noise zugeordnet werden, der zweite Teil lässt den Rhythmus dann hinter sich und widmet sich stärker dem Noise. Live wäre es sicher eine Erfahrung wert, wie der Titel schon sagt: "We Are Deaf" oder wollen es zumindest werden. Kollaborationen zwischen etablierten Größen sind meistens zu begrüßen, bergen sie doch das Potential der Synthese von etwas Neuem, das über über die Eigenschaften der einzelnen Komponenten hinausgeht. Die konkrete Zusammenarbeit auf diesem Album äussert sich für den Hörer jedoch nur in der Jam-Session, die zwar ordentlich kracht, aber mehr auch nicht. In Anbetracht der Beiträge und Remixes schneidet "Xotox" in meinen Augen besser ab und scheint eher ein Gespür für Stimmung und Trance hervorrufende Komposition zu haben. Wer es etwas anstrengender mag, wird mit "Detune-X" aber auch gut bedient sein. Beide lehnen sich hier nicht gerade weit aus dem Fenster und erneuern nur ihre Revier-Markierungen. Freunde von "Chainreactor", "Stahlschlag", "Shnarph!", "Noisuf-X" oder eben den beiden Beteiligten können hiermit vermutlich eine kurzfristige Bedürfnisbefriedigung erreichen.

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