Es ist zur Abwechslung auch mal ganz schön, wenn man bei der Ankündigung einer neuen CD sofort weiß, was einen erwartet. Welle:Erdball sind ein zuverlässiges Beispiel für musikalische Konstanz im Genre der erweiterten elektronischen Popmusik. Auch bei der brandneuen EP „Ich rette Dich!“, die als Dessert zum Hauptgang „Tanzmusik für Roboter“ verstanden werden kann, sind die enthaltenen Songs wieder klar den bekannten Kategorien zuzuordnen. Da hätten wir zum einen den klassischen, bisweilen etwas handzahmen Synthpop-Ohrwurm, der in diesem Fall mit dem Titelfrack besetzt wurde. Der Wechselgesang zwischen Honey und Lady Lila bildet perfekt den thematischen Bezug ab - auf der einen Seite die Bedrohung der Menschheit durch medialen Overkill (Honey intoniert und identifiziert die Gefahr), auf der anderen Seite die verheißungsvolle Rettung durch ein von woher auch immer herbei eilendes Wesen (Lady Lila: „Ich rette diiiiiich, von allem Bösen dieser Weeeeelt…“). Des Weiteren darf auf einer Welle-CD selbstverständlich auch der schunkelnde Chanson nicht fehlen. Dieser Bereich wird mit „Das Radio, das Ohr der Welt“ bespielt. Sicher wie immer Geschmackssache, doch wer bislang auch die softeren Facetten des Senders schätzen gelernt hatte, wird mit der harmoniesüchtigen Ode an das gute alte Kofferradio seine Freude haben. Wie immer hat auch das fünfte Bandmitglied, der C64, seinen Auftritt. „Die Wahrheit“ knüpft soundtechnisch an Klassiker wie „23“ und „Kneif mich!“ an, Neuerungen muss man angesichts der klanglich begrenzten Möglichkeiten des Heimcomputers - Hardcore-Welle-Fans mögen jetzt sicher im Rechteck springen - jedoch mit der Lupe suchen. Was hatten wir bislang noch nicht? Ah ja, die Kategorie „Clubhit mit umstrittenen Lyrics“. Hier bietet sich „Ich will vergessen“ an, bei dem sich Honeys Stimme ein ums andere Mal überschlägt und sich im Set mit „Gib mir meine Zukunft wieder“ vom Tanzmusik-Album live gut umsetzen ließe - ein potentieller Hit und an Position 5 der EP etwas unter Wert versteckt. „Wo bleibt denn die Coverversion?“ dürfte der Leser an dieser Stelle fragen. Welle:Erdball liefern natürlich auch zu dieser berechtigten Intervention die passende Antwort. „FanFanFanatisch“ von Rheingold wurde elektronisch neu aufgelegt, wirkt dabei aber nicht peinlich bemüht wie viele vergleichbare Inhalte des schwachen Albums „Der kalte Krieg“, sondern unbeschwert fröhlich und mit dem sympathischen Augenzwinkern einer sich selbst auch mal nicht ganz so ernstnehmenden Band. Auf der kommenden Tour könnte dieses Lied in Konkurrenz zum mittlerweile angestaubten Gassenhauer „Es geht voran“ treten und ihn aus der Setlist verbannen. Ganz am Ende der EP wartet aber doch noch eine Überraschung auf den Hörer. Ein Remix, der nicht von Welle:Erdball selbst stammt? Gab es das schon einmal? Fans dürfen mich in den Kommentaren gerne vom Gegenteil überzeugen, aber ich stelle zunächst einmal die These der Premiere auf. „Massiv in Mensch“ haben den Titelsong mit einigen dunkel-elektronischen Beats verfeinert und auf Clubeinsatz getrimmt. Das Remix-Experiment weiß zu überzeugen und könnte damit ein mögliches Motto für weitere Projektplanungen der Niedersachsen werden. „Frequenzstörung: Feinde und Freunde senden auf Welle:Erdball“ wäre sicherlich ein schöner Titel für ein Remixalbum. Bis dahin dürfen Fans die vorliegende EP genießen, sich abermals für eine Weile von der realen Welt retten lassen und im bekannten, lieb gewonnenen Welle:Erdball-Kosmos untertauchen.