Man muß schon ein Hardcore-Fan sein, um sich für die eigenen musikalischen Aktivitäten den Nachnamen eines Mitglieds seiner bevorzugten Band zu geben. So geschehen bei der lettischen Künstlerin Vic(toria) Anselmo, die sich – richtig – nach dem Sänger der legendären Metalformation Pantera benannte. Wer nun aber bei ihrem vorliegenden Debutalbum „Trapped In A Dream“ ebenfalls harte Töne erwartet, der sei gewarnt, denn die einzige Gemeinsamkeit zwischen den amerikanischen Heroen und der 23-jährigen Dame aus dem Baltikum ist die Verwendung von E-Gitarren. Sogar diese halten sich meist dezent im Hintergrund und stehen gleichberechtigt neben ihren akustischen Schwestern und Klavier, Cello, Schlagzeug oder Synthesizer. Zwar wird in Songs wie „Who?, „The Flight“ oder „Put Your Spell On Me“ noch deutlich vernehmbares Rockbesteck aufgefahren, doch „World From Here“ umschmeichelt das Ohr im Gegensatz dazu mit stromlosen Saiten- und Streichinstrumenten. Die melancholische Ballade „I Cried“ verzichtet gar gänzlich auf Gitarren. Hier wird Vic's Hommage an den ermordeten Gitarristen Dimebag Darrell (ja, wieder Pantera!) lediglich von Pianoklängen begleitet, das Instrument übrigens, welches sie professionell erlernte. Das alles dominierende Element jedoch ist Vic Anselmo selbst. Ihre wandelbare Stimme, die irgendwo zwischen Tori Amos, Kate Bush und Sharon den Adel (Within Temptation) anzusiedeln ist, verleiht den Tracks Charakter. Darauf scheint die Sängerin besonderen Wert zu legen, denn nicht oft findet man einen derart ambitionierten Vortrag. Vor allem das kindlich naive „Beverly“, das orchestral arrangierte „Dead Man Walks“ oder das kurze „Bus Stop“ stechen in dieser Hinsicht hervor und würden sich auch gut auf einer Musicalbühne machen. Ein durchaus beeindruckender Einstand also, den die 3-malige Gewinnerin lokaler Nachwuchswettbewerbe nach Westeuropa schickt. Wenngleich hin und wieder Ähnlichkeiten mit Bands wie Evanescence oder Within Temptation aufflackern, überzeugen die meisten Tracks doch durch Eigenständigkeit und vor allem Vic Anselmo's gekonnte Intonierung. Leider ist bereits nach 34 Minuten und 2 Sekunden Schluß mit Träumen, deshalb scheitert die talentierte Lettin (noch) an der 5-Punkte Marke.