VHS Or Beta entstammen der Indie-Noise-Rock-Ära, die Mitte/Ende der 90er in Amerika um sich griff. Kein Wunder also, dass auch diese vier aus Louisville, Kentucky, sich geradezu versessen darauf stürzten. Nach zwei EPs folgte das erste Album ("Le Funk"), das sich, wie der Name schon sagt, weit vom bisherigen Sound der Band entfernte und sich an der französischen Clubmusik orientierte, die bis dato in Europa so erfolgreich war. Mit ihrem neuen Album "Night On Fire" gehen VHS Or Beta nochmals mehr als einen Schritt weiter. Das erklärte Ziel der Band ist es, Rock und Dance Musik, Alt und Neu unter einen Hut zu bringen, wobei sie sich aus einer breiten Palette an Einflüssen bedient. Natürlich kommen dabei die 80er nicht zu kurz und so ist "Night On Fire" wie ein Befreiungsschlag gegen das Schubladendenken. Aber auch auf der neuen CD darf der frankophile Einschlag nicht fehlen. Im Gegensatz zu ihren bisherigen Veröffentlichungen haben sich die vier Amerikaner mehr am klassischen Songwriting orientiert für sie bedeutete das auch erstmals, Gesang in die Songs zu integrieren. Dass sich Gitarrist Craig Pfunder, der als neuer Sänger auserkoren wurde, wie der Zwillingsbruder von Robert Smith anhört, war dann die nächste Überraschung. Kein Wunder also, dass im Vorfeld von "Night On Fire" Namen wie The Cure und Daft Punk gefallen sind. Das eigentlich Kuriose daran ist, dass man tatsächlich manchmal denken könnte, Herr Smith hätte sich der französischen Disco-Musik zugewandt. VHS Or Beta haben sich die Experimentierfreude aus ihren ersten Tagen erhalten und darum klingt das neue Album so erfreulich abwechslungsreich. Der Titelsong "Night On Fire" startet dann auch als Pop-Rock-Hymne, die dem Album den Weg leuchtet, ein rockig-grooviger Popsong. Gibt's das überhaupt? Oh ja, denn mit "You Got Me" geht es gleich in der selben Richtung weiter. Beide Songs könnte man getrost sowohl in die 80er als auch die 90er stecken. Doch dann ist man mit "Nightwaves" schlagartig wieder komplett in den 90ern. Als ob sie nie etwas anderes gespielt hätten, zelebrieren VHS Or Beta hier French-House vom Feinsten. So wird auch bei "Forever" der Vocoder wieder ausgekramt und zum Discosound gesellen sich ein paar schrammelnde und quietschende Gitarren. Mit seinen Pop-Rock-Songs verbreitet das Album gute Laune, rockt ab und kann dazu noch jede Tanzfläche füllen. Es gab in der letzten Zeit kaum ein Retro-Album, das so perfekt die Symbiose verschiedener Stile und Sounds vollbringen konnte. Aber dass gerade dieses Album aus Amerika kommt, bleibt nach wie vor schlichtweg unglaublich.