Die Veröffentlichungsform von "Oscotarach" lässt auf einen interessanten Inhalt schließen. Um es aber gleich vorweg zu nehmen: Dieser ist nur was für echte Fans des Noise-, Experimental- und Ambientgenres, da teilweise absolute Unhörbarkeit offeriert wird. Aber nochmal zum Äußeren... Ein auf 500 Kopien limitiertes und handnummeriertes 180g Vinyl, Qualitätspressung (Made in Germany), Karton-LP Cover mit 4 individuell gestalteten Karton-Inserts (Offsetdruck) und alles befindet sich in einer transparenten, zugenähten Fleecetasche, die trotzdem in Standard LP Versandkartons sowie LP-Fächer im Ladenlokal passt. Nun zum Inneren: Oscotarach, der Kopf-Aufbohrer aus einer alten indianischen Legende, bereitete alle, die an ihm vorbeigingen auf die Unsterblichkeit vor, indem er ihnen das Gehirn aus dem Schädel entfernte. So steht es in Leonard Cohens "Schöne Verlierer" geschrieben. Im weitesten Sinne könnte man den Projektnamen so deuten, dass dieses 4-Band-Projekt aus Skalpell, Spherical Disrupted, Carsten Vollmer und hidden technology die Menschen bzw. die Zuhörer mit ihrem Sound auf etwas Neues, Ungewöhnliches vorbereiten möchte. Was genau, dass kann hier leider nicht gesagt werden. Aber vielleicht helfen da die Auftritte/Konzerte dieses Projektes weiter. Die aktuellen Termine gibt's bei uns. Die vorliegende CD-R hat meines Erachtens den Vorteil, dass sich nur die Geräusche darauf befinden, die von den Künstlern auch gewollt sind, so dass kein vinyltypisches Knacken und Knistern den Sound im Extremfall noch (stärker) verfälschen könnte. Skalpell versucht die Bilder der erfahrenen Realität auf eine hörbare Ebene zu projizieren und zu sezieren in Form von absolut entspannten, chilligen und minimalistischen Ambient-Strukturen. Spherical Disrupted erschafft mit seinen dunklen Klängen irgendwo zwischen Noise und Ambient schon eine eindeutig dunklere und bedrohliche Atmosphäre, die ein gewisses Unbehagen auslöst. Extrem eigensinnig sind "SPH 265 HII" - Gläserrücken (auf Fließen oder Kacheln) - und "Com Verbot (Drehmoment)" - nur Geräusche. Diese sind ein guter Übergang zu Carsten Vollmers Seite C, der "Oscotarach" die Krone des Unhörbaren aufsetzt. Bei "Götterschiff" vermutete ich zuerst einen CD-Defekt bzw. einen Brenn-Fehler. Dieser hielt jedoch bis einschließlich "Eistaufe" an und war bei "Educated Guess" plötzlich verschwunden, demzufolge war er also gewollt. Carsten Vollmers Absicht ist es, herkömmliche Begriffe wie Schönheit, Ästhetik oder musikalische Formerwartungen zu übergehen. Wir sind nur noch Zuschauer bei der dichtkonzipierten Verkettung von elektronischen, brüllenden Geräuschen, die Gewalt bedeuten und den industrieweltlichen Alltagsbetrieb darstellen. Je nach individueller Weltanschauung kann dem hier aber nur bedingt zugestimmt werden und muss in diesem Fall leider mit einem 6maligen Skippen verneint werden. hidden technology versöhnt zum Abschluss mit seinen Arbeiten an der Schnittstelle von Low Frequency Ambient und Field Recordings unter stärkerer Hinzunahme von Sprachsamples wie bspw. bei "Information Wants To Be Free". "Oscotarach" ist 100%ig kein Album was man sich einfach so anhören kann. Es ist vielleicht eher als klangliche Erinnerung an eines der "Oscotarach"-Konzerte zu betrachten, falls die Kopf-Aufbohrer ihr Ziel erreicht haben mit den teils extremen Soundstrukturen den Zuhörer auf eine andere Stufe der klanglichen Wahrnehmung gebracht zu haben. Die anderen, die dagegen resistent sind werden bei ca. 3/4 der Scheibe nur verstört mit dem Kopf schütteln.