Die Samplerreihe „Industrial For The Masses“ geht bereits in die dritte Runde. Dabei hat sie sich – meiner Ansicht nach – eigentlich eine schwierige Aufgabe auf die Fahne geschrieben. Denke ich an Industrial in seiner Urform, dann kann ich mir kaum vorstellen, dass man damit Massen begeistern kann. Selbst als Fan des Industrial und der härteren elektronischen Gangart, kann ich nachvollziehen, dass Industrial grenzwertig ist und spaltet. Nun kann man von Glück sprechen, dass Musiker und Hörer neugieriger bzw. experimentierfreudiger geworden. Viele neue Strömungen machen den Industrial nun doch nahezu massenkompatibel. Da verschwimmen die Grenzen zwischen Noise, Industrial, Techno und Gabber. Industrial ist nicht mehr reine Geräuschkulisse aus monotonen, repititiven Soundstrukturen, sondern wird zur harten, elektronischen aber äußerst tanzbaren Clubmusik. Wen könnte man da besseres als Opener für einen Sampler namens „Indutrial For The Masses“ finden als Andy LaPlegua, der mit seinem Projekt Combichrist den Industrial salonfähig gemacht hat? Mit „Electrohead“ und dem Slogan „I Love Electro“ schickt er 13 seiner Kollegen in den Ring, die dem Hörer die geballte Ladung aus Industrial- und Technosounds nur so um die Ohren pfeffern. Namhafte Künstler wie Kiew, Terence Fixmer oder Chris Liebing treffen auf viel versprechende Newcomer wie die Shooting Stars unterART. Die Zusammenstellung ist druckvoll, aber lang nicht so kompromisslos und aggressiv wie Industrial in seiner Urform. Dafür ist die Platte straight, dabei extrem eingängig und tanzbar – ein echter Garant für volle Tanzflächen. Dauergäste der Samplerreihe sind die labeleigenen Bands Kiew und Dulce Liquido. Mit dem pushenden „Mr.29“ und seinen rotzigen Female-Vocals (feat. Ambassador 21) steuern die psychotischen Patienten von Kiew mein persönliches Glanzlicht der Platte bei und „Serial Killer“ ließ mich das grandiose Album „Shock Therapy“ der mexikanischen Spiegelversion von Hocico wieder aus dem CD-Regal kramen. Erfolgsgaranten für den technoorientierten Part der Platte sind Chris Liebing und The Horrorist. Künstler, an denen kein Elektroliebhaber vorbei kommt. Aber auch weniger bekannte Projekte wie Maelstrom Inc. müssen sich hinter den großen Namen nicht verstecken. Das ungestüme „Afraid Of Us“ ist mit seiner griffigen Melodie und den treibenden Tanzbeats für mich die Überraschung. Ich könnte meine Lobenshymne für jeden der einzelnen Songs forsetzen, würde damit aber den Rahmen sprengen und beschränke mich auf: Diese Platte ist einfach rundum gelungen und ein MUSS für jeden Elektroliebhaber unter euch. Dieser Sampler macht Spaß, er reißt mit und macht Appetit auf mehr. Grenzen, die zwischen den Genres wahrscheinlich, außer in den Köpfen, nie vorhanden waren, existieren hier nicht. Hier zählt nicht Herkunft, sondern Qualität. Die limited Edition enthält, wie gewohnt, als Bonus die Single eines Szeneneulings. In diesem Fall die Debüt-EP „The Pill“ von Northborne. Ist das Projekt soeben erst angetreten, die Elektro-Szene aufzumischen, so ist Mastermind Christian Lund bereits besser bekannt als Keyboarder der Futurepop-Band Icon Of Coil. Die härtere Gangart aus energiegeladenen Sounds und treibenden Beats steht Lund gut zu Gesicht. Er wandelt auf den frühen Pfaden seines ehemaligen Kollegen und Frontmann Andy LaPlegua. Es wird spannend die Entwicklung des Projekts zu verfolgen. Was man bisher zu hören bekommt, klingt jedenfalls viel versprechend. Rundum also ein unschlagbares Doppelpack.