Heute kann man sich wohl auf nichts mehr verlassen! War man vor wenigen Jahren noch sicher bei einem Compost Release ein qualitativ hochwertiges Erzeugnis aus den Bereichen Electronic Jazz, Drum & Bass oder Brazil angehauchter Groove zu bekommen, kann man darauf heute nicht mehr zählen. Klingt erst mal negativ, ist es aber ganz und gar nicht. Denn nach zweihundert Veröffentlichungen steht Compost lange nicht mehr nur für diese Sparten, sondern präsentiert viel breiter aufgestellt auch House, Electro und fette Beats. Und die Qualität ist dabei bestimmt nicht auf der Strecke geblieben. Das beweist auch die vorliegende Zusammenstellung von Tracks, die zuvor größtenteils nur auf Vinyl erhältlich waren. Vielleicht ist der Trick, der die ‚Compostiermaschine’ am Laufen hält, dass es sich hier um eine große musikalisch pulsierende Familie handelt, bei der jeder mal mit jedem darf und die gerne auch mal Freunde einlädt. Dies äußert sich in Remixes und Collaborations der interessanten Art: Ben Mono präsentiert mit Bajka eine Sängerin, die es bspw. mit einer Roisin Murphy aufnahmen kann und Sirius Mo verleihen dem dabei entstandenen Track ‚Protection’ das passende Groove-Gewand. Experimentierfreundiger und sehr viel mehr elektronisch klingt Alex Attias, der als Mix-Paten niemand geringeres als Laurent Garnier hat gewinnen können. Product.01, beim Medienkonverter inzwischen wohlbekannt, sind mit ‚Heart ov Glass’ in der Disco-lastigen Version von Justus Köhncke vertreten, die vielleicht nicht typisch für Rochelle und Marcs Sound ist, aber gewiss einen trashig-süßen Charme verströmen lässt. Mit dem Trübi Trio und Beanfield finden sich auch die liebgewonnenen Seniors des Labels auf dem Sampler, allerdings elektronischer als gewohnt. Ganz weit vorne für meinen Geschmack ist Wei-Chis ‚Faces and Places’ zu sehen, das Henrik Schwarz in eine elegante Darbietung zwischen Electronica und Deep House verdreht. House im ursprünglichen Sinne präsentiert Muallem mit ‚Sweat’ während Jean Paul Bondy elektro-poppig mit ‚Cold Reformer’ Appetit auf das im nächsten Jahr erscheinende Album macht. Alif Tree zeigt dann die absolut entspannte Seite von Compost mit vocoder-angereichertem, gitarren-unterstützem Bar-Jazz. Ähnlich unterwegs ist Felix Laband, wobei bei ihm die elektronische Seite dem Jazz überwiegt. Ben Mono’s Transmission und ‚The Truth Speaker’ von General Electrics sind auch nicht zu verachten, kommen meinem persönlichen Geschmack nach jedoch nicht an den Rest der Tracks heran, was dem Unterhaltungswert dieses Silberlings jedoch keinen Abbruch tut. Denn hier treffen sich wohldosierte Anleihen aus verschiedensten Stilrichtungen und verschmelzen zu einem überzeugendem Werk, das nach und nach seine verschiedenen Farben und Geschmacksrichtungen offenbart, wie diese Wunderbälle, die es mal in den 80ern gab, die man kaum in den Mund bekam, aber immer wieder aus Überzeugung gekauft hat. Kennt Ihr die noch?