Sharon Next, immerhin seit 25 Jahren unterwegs, sind eine von vielen interessanten elektronischen Kapellen aus dem Nachbarland Österreich. Bandkopf Michael Ruin schuf mit Arenberg Records ein Zuhause für drei dieser Bands: Das Wiener Label ist eine kleine, feine Schmiede, die sich seit 2016 vor allem auf Synth Pop spezialisiert hat und im letzten Jahr einen mindestens genauso feinen Labelsampler herausbrachte. Zu den drei vertraglich bereits gebundenen Namen gesellen sich noch sieben weitere befreundete Acts um 74 Minuten elektronsiche Klänge vollzumachen.

Der schön gestaltete Sampler kann sich nicht nur optisch sehen lassen: insgesamt 19 Titel finden sich recht wild gemischt – ein in meinen Augen guter Streich, ist doch dadurch die Bezeichnung Werkschau unangemessen. Der Sampler funktioniert als Gesamtwerk und wirkt nicht wie eine einfache Werbeangelegenheit. Und so ist auch die musikalische Auswahl sehr spannend, ich beginne einfach mal mit den drei 'Arenberger' Bands: Cola Coaster ist sicherlich das schrägste Projekt aus dem Haus, das entspannt rockige Gitarren mit elektronischem Minimalismus und Ambient kombiniert. Alle drei Songs klingen extrem unterschiedlich, das noisige "Habe" und die Ambientnummer "No vale la pena" eher atmosphärisch, das instrumentale "No more than you and me" hingegen nach eher klassisch-altmodische Indiekost. dAVOS nimmt mit fast 25 Minuten Spielzeit den größten Raum ein: der klassische Synthpop mit effektvollem Gitarreneinsatz, zum Teil schön roh produziert, ist für ein deutlich größeres Publikum geschaffen und auch wenn ich bei den Vocals noch einige Gesangsstunden angezeigt sehe, sind mit "Collite" und "What I prefer" zwei der in meinen Ohren stärksten Songs auf dem Album. Sharon Next selbst finden sich nur mit zwei Songs auf dem Album: musikalisch gefallen mit beide Songs und auch gesanglich kann ich mir vorstellen, dass da so einiges gehen kann – für einen ersten Eindruck also nicht schlecht.

Und welche Freunde hat Arenberg an Bord geholt? Cell bieten zwei nette Synth Pop Nummern mit angenehmen weiblichen Gesang, R.U.I.N. haben sich den Frisör Richard Pustina von Radio DCS an Bord geholt um die sehnsüchtige Tanznummer "Showbox" zu zaubern. Der Beiträge von The Morrow und Radio DCS selbst sind mir fast ein wenig zu schmachtig und klassisch, aber eben nur fast. Heirstyle versuchen es mit etwas plakativen Texten aber einer schön bedrohlichen Langsamkeit – musikalisch gefallen sie mir mit am Besten und textlich versuche ich wegzuhören. Und schließlich sind Gerd Halls wunderbar rockige Nummer, die mit vollerem Gesang noch ein Stück geiler wäre und Kurenbachs radiotaugliches "It's alright" neben den beiden genannten dAVOStiteln die stärksten Beiträge des Samplers.

Da es mir oft misslingt, Synth Pop zu hören und wegzudriften, weil mir alles doch irgendwie zu ähnlich vorkommt, muss ich dem Sampler schon einmal das Lob machen, das ich hier leicht am Ball bleiben konnte. Weiter kann ich mich ja als Freund des Black Metalls an nicht perfekter Produktion und rauher Ungeschliffenheit sehr erfreuen und ich spüre bei allen Songs viel Freude an den Aufnahmen und ausreichend Un-Perfektion. Man hört hier keine überproduzierten Hochglanznummern aus großen Copy-Paste Schmieden sondern die Feinkost, die der Händler hinter dem Tresen für die guten Freunde aufbewahrt. Insoweit ein wirklicher Geheimtipp – haufenweise Bands, haufenweise netter Musik und viel Abwechslung und das gute Gefühl, Leute finanziell zu unterstützen, die mit Liebe ihrer Leidenschaft frönen. Da kann man doch kaum "nein" sagen, oder?

 

Various Artists

Arenberg - Compilation of various Arenberg Artists and friends

 

22.07.2019

Arenberg Records

 

https://arenbergrecords.com/about

 

01. Cell – Believe

02. R.U.I.N. – Showbox (featuring Richard Pustina)

03. dAVOS – Best Informed Boy

04. Colacoaster – No Vale La Pena

05. The morrow – It Pours When It Rains

06. Cell – Sat 24

07. dAVOS – Collite

08. Radio DCS – Alone

09. dAVOS – What I Prefer (Diorama Mix)

10. Colacoaster – Not More Than You And Me

11. Heirstyle – Hölle

12. dAVOS – See Clear

13. Colacoaster – Habe

14. Sharon Next – Realität

15. Gerd Hall – Days Gone By

16. Kurenbach – It’s Alright (featuring Mick)

17. Sharon Next – GRAVITY

18. dAVOS – Stakkato Frames

19. Heirstyle – Kill As Many People