Das kleine aber feine Label Conzoom Records kreierte mit seiner Electropop-Sampler-Serie über die Jahre hinweg eine auditive Castingshow der etwas anderen Art: „Deutschland sucht den Super Synthpopstar“ könnte die Serie untertitelt sein, deren Zyklus demnächst mit der finalen 10. Compilation abgeschlossen wird. Etliche Newcomer bewarben sich auf diesem Wege beim geneigten Genrefreund um Gehör, nicht wenige schafften dies auch nachhaltig.

Eine dieser Neuentdeckungen ertönte auf dem 6. Teil der Serie zum ersten Mal und legte ein Jahr später mit dem Debüt „Sanctuary“ ein beindruckendes Album nach. Das schwedische Duo „Vanguard“, alias Jonas Olofsson und Patrik Hansson, ruhte sich nicht lange auf den erworbenen Meriten aus, sondern arbeitete kontinuierlich an der Weiterentwicklung seines Sounds, der als Hybrid aus klassischen Synthpop-, bewährten Futurepop- und aktuellen Dance-Elementen definiert werden kann. Im Gegensatz zum fast durchgängig sehr flotten, tanzbaren „Sanctuary“, schlagen die Skandinavier auf dem Nachfolger „Retribution“, der erneut bei Conzoom veröffentlicht wurde, bisweilen auch sanftere Töne an.

Im ersten Teil des Albums dominieren eingängige Clubnummern, wie die vorab ausgekoppelte Single „On My Own“, die Hymne „A Brighter Day“ (knüpft stark an das erste Album an), das AndOne-inspirierte „Leaving You Behind“ sowie das äußerst poppige „Let Us Fall“. Mit „Firefly“ zeigt die Band jedoch auch Stärken im Komponieren gefühlvoller Balladen, die mit cleveren Spannungsbögen und einprägsamen Harmonien punkten können. Dieses Segment bespielen die ambitionierten Elektroniker deutlich professioneller als es noch auf „Sanctuary“ der Fall gewesen war. Die Produktion des Albums wurde dieses Mal nicht Dirk Laux überlassen, was einige Fans möglicherweise kritisch bemängeln könnten, zeichnete sich der Conzoom-Hausproduzent doch für die sehr druckvollen Sounds des Premieren-Longplayers verantwortlich. So ertönen die schnelleren Tracks heuer nicht ganz so dicht, was allerdings auf der anderen Seite die Vielschichtigkeit des Klangbildes im hinteren Albumteil zugute kommt.

Hieran mag sich direkt die Frage anschließen, welchen Weg „Vanguard“ weiter gehen möchten. Mir scheint, als wolle man innerhalb der gefundenen Nische einen breiteren Hörerkreis ansprechen, in dem die innere Konsistenz zugunsten steigender Experimentierfreude zurückgefahren wird. In der Kategorie „Downtempo-Electro“ hat die Band diese Challenge gewonnen, im erhöhten BPM-Bereich steht ein abschließendes Urteil nach dem 2. Album noch aus. „On My Own“ und „Leaving You Behind“ zeigen die wünschenswerte Entwicklungslinie bereits auf.