Urban Matrix - Contact

Urban Matrix - Contact

Viel ist nicht über den Knaben herauszubringen. "Hello, I am Ash", steht beispielsweise wenig ausführlich in der Beschreibungsspalte auf der Bandcamp-Seite, Discogs weiß immerhin, dass es sich um ein deutsches Projekt handelt. Ob wir es hier vielleicht mit einer neuen Spielwiese des Sängers der Medieval-Electro-Formation Heimataerde, der ebenfalls Ash(lar von Megalon) heißt, zu tun haben, kann nicht genauer erörtert werden. Fest steht nur, dass Urban Matrix seit 2020 mit schöner Regelmäßigkeit Songs veröffentlicht und sich, auch was das Artwork anbelangt, eine sehr ausgeklügelte Corporate Idenitity zugelegt hat.

Bei Urban Matrix steht nämlich die Musik als einzige tragende Säule des gesamten Konzepts. Vielleicht mal von eingen Sprachsamples flankiert, bringt der Musiker mit seinen blubbernden Sounds die Synthesizer zum Glühen. Seine Vorbilder dürften dabei so ziemlich jedes elektronische Genre abdecken; von Hellectro über New Beat, von EBM über Future Pop sind die Stile bunt gemischt. Er selbst bezeichnet es als EBSM, als Electronic Body Synth Music.

Wenn man das aktuelle Album "Contact" akustisch auseinandernimmt, erkennt man gewisse wiederkehrende Elemente, wie die Stahlklänge, die er sich aus dem Industrial borgt (vor allem "Slaughter The Beast" ist voll von diesen Sounds, die bereits Depeche Mode bei "People Are People" gewinnbringend in das Stück implementierte), während auf "Tempus Fugit" eine Rhythmusfigur zu erkennen ist, die sich sanft an Kraftwerk anlehnt. "Pusher" dagegen knarzt an allen Ecken und Enden, was ihn damit irgendwo zwsichen "Zombie Nation" von Kernkraft 400 und "Praise The Fallen" von VNV Nation verortet.

All dies geschieht dabei, wie schon erwähnt, ohne Text. Lediglich die Kraft der Musik soll ausreichen, um das zerebrale Lichtspielhaus in Gang zu setzen. Das gelingt über weite Strecken auch, aber Stücke wie "Moderne Zeiten", das erhabene und wuchtige "Konstruktion" (vielleicht sogar der beste Song auf der Platte) oder "Konfusion" provozieren alleine durch ihre Titel eine lyrische Auseinadersetzung mit dem Thema. Und das Cover - auch wenn es KI-generiert zu sein scheint - lässt einen an die Wirtschaftswunder-Ästhetik Welle:Erdballs denken. Doch Ash liegt es fern, dass er seine Stimme erhebt. Die Songs stehen für sich, dem Hörer bleibt nur übrig, das Gehörte mit dem Titel zu vergleichen und sich ein eigenes Bild zu machen.

In erster Linie will "Contact" aber uns zum Tanzen animineren. Fast jedes der elf Nummern schielt auf den Clubboden und hofft auf viele tanzende Füße und Beine. Die Voranstrengungen dafur sind auf jeden Fall geleistet worden: Ash liebt die brodelnden Beats. Blubbernde Bässe sowie donnerndes Schlagwerk machen unmissverständlich klar, wohin die Reise gehen soll.

Jedoch wird auf Albumlänge das Rezept für den Urban-Matrix-Sound nicht sonderlich oft variiert. Das stört zu Beginn auch gar nicht, weil das Projekt mit vielen kleinen Idee um die Ecke kommt und es daher nicht langweilig wird. Auch die zeitlich recht knapp bemessenen Songs sind in ihren Arrangement pointiert; keine Note zuviel wurde gesetzt. Und doch tritt am Ende ein Gewöhnungseffekt ein. Die Ideen von Ash taugen, aber sie taugen nur bedingt. Der Titelsong und das abschließende  "Unusual Suspects" weisen einige Abnutzungserscheinungen auf, wenngleich sie immer noch beim ersten Hörern begeistern können.

Das in Eigenregie veröffentlichte wie produzierte Album wird aber sicherlich jene abholen, die ihre Jugend in den Düsterclubs um die Jahrtausendwende verbracht haben. Denn auch wenn Urban Matrix EBSM spielen, hört man auch einige Manierismen heraus, die nach TBM, nach Techno Body Music, klingen. Letzten Endes ist es aber auch egal sein, welche Bezeichnung die Musik von Ash bekommt.



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