Aufgepasst hier rollt eine Frau das Feld von hinten auf. Die rätselhafte amerikanische Musikerin Erica Dunham aka UNTER NULL setzt zum Angriff auf die stark männerdominierte EBM-Szene an. Mit dem Einsatz von Unmengen Kunstblut bei ihren Liveshows hat Dunham schon von sich reden gemacht, der einzigartige und kompromisslose Stil ihrer fetten Clubhits „Your Nightmare“ und „Sick Fuck“ sorgte für Furore. Die Veröffentlichung ihres ersten Longplayers wurde mit Spannung erwartet, auch dank der Zusammenarbeit mit dem bekannten Studioproduzenten Len Lemeire (Implant, Anne Clark, Dunkelwerk…). Mit etwas Verzögerung hat „The Failure Epiphany“ nun auch den Weg in meinen Player gefunden. Auf ihrem aktuellen Longplayer hat Dunham auf die Wirkung von Gegensätzlichkeit und Dualismen gesetzt. Melodie kämpft gegen Bassgewitter, Trauer gegen Wut, Leid gegen Rachelust. Hart und kompromisslos trägt die Dame vor, was sie zu sagen hat: „I wish you dead“. Jedoch viel zu selten lässt sich aufgrund der stark verzerrten Vocals ein Text verstehen. Wahrscheinlich reicht die Aggressivität der Sounds aus, um zu sagen was zu sagen ist. Wenn ich es nicht besser wissen würde, würde ich hinter den Vocals zudem kein weibliches Wesen vermuten. Erbarmungslos, straight, geheimnisvoll und vernichtend – ein teuflisches Krächzen. Erica Dunham legt sich kräftig ins Zeug. Durch die harten und peitschenden Beats sind die Tracks wie geschaffen für die Tanzflächen. Kurze Tempoverschnaufpausen und melancholische Phasen zwischen der Zerstörungswut geben dem Album die nötigen Ecken und Kanten. So endet „The Failure Epiphany“ dank Tracks wie „Destroy Me“ und „You Have Fallen From Grace“ nicht als eintönig Beat- und Bass-Werk. Die Emotionalität der Songs verleiht der Platte die weiblichste Seite und grenzt diese von denen der männlichen Konkurrenz ab. Mit ihrem Album beweist Dunham, dass sie mehr kann als gute EPs und Aufsehen erregende Livegigs. Tracks wie „Stray“ und “Destroy me“ müssen sich hinter Werken gestandener männlicher Szenegrößen nicht verstecken. Und wer bei der x-ten Suicide Commando Veröffentlichung eine gewisse Monotonie und Übersättigung spürt, der ist bei UNTER NULL genau richtig. Sicher erfindet Dunham das Rad nicht neu, aber ein wenig frischer (weiblicher) Wind schadet der Dark-Electro-Szene sicher nicht. Reinhören!