Die Stone Roses sind schon eines dieser typisch englischen Phänomene: nur zwei Alben haben sie herausgebracht und es gab mehr Umbesetzungen, Krach in der Band und mit dem Label, als das jemals bei einer deutschen Band passieren könnte. So sind sie die Briten, lustige Hooligans mit Hang zum rotzigen Bandstreit inklusive Trennung um sich dann einige Jahre später wiederzuvereinigen. Nicht so bei den Stone Roses. Trotz einiger Gerüchte sind die Jungs meines Wissens nach ihrer Trennung 1996 nie mehr wirklich zusammengekommen. Egal das! Denn Ian Brown beglückt uns noch immer mit schöner Musik, die sich im Laufe der letzten dreizehn Jahre dem musikalischen Wandel entsprechend weiter passend entwickelt hat. Zwanzig Jahre ist es jetzt her, dass das selbstbetitelte Debut der Band auf Silvertone Records als Teil der Madchester-Szene erschienen ist. Und nachdem das Label nach dem gerichtlich herbeigeführten Weggang der Roses zum Major noch so einiges mit den Veröffentlichungen anstellte um weiterhin lukratives Geschäft zu generieren, wird zwanzig Jahre nach Veröffentlichung nun die 20th Anniversary Edition in drei Versionen aufgelegt. Das ursprüngliche Album mit dem wohl bekanntesten Track ‚Fools Gold 9:53’ als Bonus, eine Legacy Edition im wertigen Buchformat mit Schuber und einer Deluxe-Edition im LP-Format, die wohl jeden Schnick-Schnack beinhaltet aber auch zu einem mehr als stolzen Preis um die 100 Euro angeboten wird. Mir liegt die Legacy Edition vor, die neben dem Original-Album noch die CD ‚The Lost Demos’ sowie eine DVD mit den Promo-Videos und einigen Live-Performances enthält. Klassiker oder gehyptes Mittelmaß, diese Diskussion wiederholt sich immer wieder wenn über die Stone Roses diskutiert wird. Ohne Zweifel bringen die Herren Brown und Squire hier ein wegweisendes Werk an Start ohne das Bands wie Primal Scream, House of Love, die Charlatens, Dodgy oder auch irgendwie Oasis bestimmt nicht so geklungen hätten, wie wir sie letztendlich heute kennen. Mal psychedelisch mit viel Gitarren in ‚I wanna be adored’, dann wieder melancholisch poppig in ‚Waterfall’. Vielleicht ist ‚The Stone Roses’ das erste wahre Britpop-Album, noch bevor man den Begriff Britpop überhaupt kannte. Und dafür sollte man den Jungs aus Manchester den gebührenden Respekt entgegenbringen. Wegweisend heißt jedoch noch lange nicht durchgängig gut, denn das breiig-reverse-konzipierte ‚Don’t Stop’ bspw. klingt unfertig und inkonsistent und auch der ein oder andere weitere Song ist zwar gut aber keinesfalls mit dem Attribut genial zu belegen. Die wahre Größe folgt im Bonustrack, denn über das einmalige Zusammenspiel eines Rave-Patterns im Rhythmus, dem squeakenden Gitarren-Einsatz des John Squire und dem cool-schöngemischten Gesang von Ian Brown gibt es keine Diskussion. Und das remastered über die ganzen 9:53 ist schon ein wenig wie Gott sehen, auch wenn Gott – wie wir seit einigen Jahren wissen – eine Frau ist. Lieber wär’s mir zwar gewesen, man hätte den Track auf die Bonus-Disc gepackt um den Spannungsbogen der ursprünglichen LP einzuhalten, aber da schauen wir mal gnädig drüber hinweg. Was dann passiert ist eher unverständlich, denn die zweite CD enthält lediglich Demos, die zwar mal interessant anzuhören sind, aber klanglich und auch bzgl. der Produktion eher mäßig Spass machen, so wie das mit Demos nun mal ist. Da hätte man doch besser die frisch remasterten B-Seiten-CD der Deluxe-Edition als Ergänzung der Legacy-Edition hinzufügen sollen um einen umfassenden Überblick der ersten Stone-Roses Periode zu schaffen. Hier gibt’s einen echten Grund für Punktabzug. Versöhnend folgt die DVD mit einem Konzert aus Blackpool, das für die Zeit der Aufnahme klanglich positiv überrascht und visuell anspricht. Zusätzlich enthalten die Promo-Videos zu den sechs Singles der ersten Phase sowie zum Promo-Only-Release ‚Standing There’. Dreiundachzig Minuten Dokumentation des Beginns der Rave-Zeit im damaligen Nordengland – nicht mehr aber auch nicht weniger. Insofern muss hier trotz herzzerreißend schöner haptischer Aufbereitung der Legacy-Edition eher zur Einzel-CD geraten werden, wenn man nicht der absolute Roses-Fan ist, denn mit ca. 30 Euro schlägt die Legacy Edition preislich ebenfalls stolz zu Buche. Und so gibt’s die Bewertung heute etwas detaillierter als sonst am Ende des Artikels: Original Album: 5,5 Punkte Remastering: 5,5 Demos: 3,5 Punkte DVD: 5 Punkte Gesamtwertung Inhalt Legacy Edition: 5 Punkte Artwork Legacy Edition: 5,5 Punkte Preis-Leistung: 4 Punkte Gesamtwertung Legacy Edition: 4,5 Punkte