Drei lange Jahre Arbeit haben Kevin Tomkins und Paul Taylor in das Ende 2011 erschienene Album „With extreme prejudice“ gesteckt. Ein Zeitraum, bei dem man nach Durchhören des komplett neuen Materials erst einmal nur mit den Schultern zucken kann und sich dann einredet, dass es vermutlich keine 36 Monate Arbeit am Stück gewesen sein können. Von zahlreichen Überarbeitungen ist die Rede – dann macht diesmal wohl der Feinschliff die Musik. Und der ist tatsächlich hörbar.

Wer sich von „Pigdaddy“ lange nicht erholt hatte, kann jetzt aufatmen, und wer denkt, dass die beiden Engländer noch immer nicht alle Extreme ausgelotet haben, muss sich diesmal auf gedrosselten, um nicht zu sagen „verträglichen“ Wahnsinn einlassen. Tatsächlich haben Tomkins und Taylor beschlossen, ihre Vorliebe für Kakophonie ein wenig anders zu kanalisieren. Reiner Geräusch- und Lärmterror muss auf „With extreme prejudice“ immer wieder ruhigen, z.T. sphärischen, aber auch atonalen Sound- und spoken word-Parts weichen, die sich jedoch nicht minder grotesk gebärden als schierer Noise.

Der Wahnsinn kennt bekanntlich viele Gesichter, und einer davon ist der Titeltrack, mit dem Tomkins und Taylor das Album eröffnen. Ganze zehn Minuten haben sie für diesen höllischen, orgiastischen Wutausbruch reserviert, um dem Hörer dann, und damit mag der einfleischte Fan nicht gerechnet haben, mit dem nur noch bedingt lärmigen, hypnotischen „Carnage“ eine Verschnaufpause zu gönnen. Auch „Beaten“ erweist sich als recht handzahm, ja fast tanzbar, und spätestens bei „Empathiser“ - Minimalismus pur - reibt man sich verwundert die Augen und atmet tief durch. Und so setzt sich der tongewordene Wahnsinn über elf Tracks durch das Album hindurch fort, recht gesetzt und mit Stücken, bei denen auch ein gepflegtes Nickerchen möglich ist (z.B. „Lucky“, „Oblivion“ - hier trifft dann wohl ein melancholischer Psychopath auf leises Babybrabbeln ...). Unterm Strich? Gewöhnungsbedürftig, in gewisser Weise „abwechslungsreich“, aber nur bedingt unterhaltsam und nicht wirklich originell.

Und die Message des Albums? Leider wieder mal nicht verständlich, aber mit etwas Mühe gut interpretierbar. Für alle „Eingefleischten“ und Masochisten auf akustischer Ebene wird das – ganz vorurteilsfrei – wieder ein Pflichtkauf sein. Wer sich diesem Thrill live aussetzen möchte, hat am 3. November die Gelegenheit dazu. Dann spielen Sutcliffe Jugend auf dem dritten ZugZwang-Festival in Darmstadt. Mehr Informationen hierzu gibt es unter http://www.chambermusic.de/.