Die 'Mercury EP' von 'Sunesis' ist eine Reise in die unendlichen Weiten des Weltraums, verpackt in fünf sphärische, rein instrumentale Tracks, die cineastische Klanglandschaften erschaffen. Das Projekt aus Barcelona versteht sich selbst als Lieferant von „Music for Space Stations“ – eine Mission, die mit dieser Veröffentlichung eindrucksvoll erfüllt wird. Die Mischung aus Synthwave, Spacewave und experimentellen Elementen weckt dabei in mir Erinnerungen an die Arbeiten des legendären Jean-Michel Jarre.
Jeder der fünf Songs ist wie ein Kapitel einer fiktiven Geschichte, die auf dem Planeten Merkur spielt, einer unwirtlichen und oft vergessenen Welt voller Extreme. Die EP wird dabei zu einem akustischen Erkundungstrip, der die Hörenden von rauen Oberflächen zu fernen Sternen und wieder zurückführt.
Der Auftakt 'Relative to the Stars' öffnet dabei das Tor zu dieser anderen Welt. Mit seinen atmosphärischen Klängen, die irgendwo zwischen den ikonischen Soundwelten von Blade Runner und Vangelis schweben, wird man direkt in eine futuristische Stimmung versetzt. Der knapp anderthalb Minuten lange Track wirkt wie ein Prolog, der neugierig auf das Kommende macht. Es folgt 'Surface', ein Track, der das düstere, pulsierende Herz der EP bildet. Hier fühlt man sich in einen futuristischen Nachtclub versetzt, wie er in Filmen wie Matrix zu sehen sein könnte. Dunkle Beats und schillernde Synthesizer ziehen einen in einen Strudel aus treibender Energie und mystischer Atmosphäre. Es ist ein Stück, das die imaginäre Szene eines geheimnisvollen Treffpunkts auf Merkur perfekt einfängt.
Mit 'Left Alone' wird es introspektiver. Der Track spielt mit granularen Klängen und analoger Wärme, erzeugt von einem Prophet-Synthesizer, und strahlt eine tiefe Melancholie aus. Hier entsteht das Bild eines einsamen Weltraumpiraten, der sich in der stillen Isolation des Planeten verloren hat. Der Titel erinnert an die Einsamkeit und Vergessenheit, die Merkur umgeben – ein Ort, der kaum erforscht ist und über den kaum jemand spricht. 'Locked to the Sun' hebt das Tempo wieder an und bringt eine spielerische, fast exzentrische Seite in die EP. Der Basslauf ist markant, während der Sound zum Ende hin immer mehr „zerfällt“. Es ist ein Stück, das mit seiner düsteren, mystischen Aura die Extreme von Merkur in Klang übersetzt – eine Welt voller Staub, Strahlung und Chaos.
Der Abschluss 'Stellar' ist ein atmosphärisches Highlight, das mit seiner Sanftheit und Wärme überrascht. Nach der vorangegangenen Schwere fühlt es sich an wie eine zarte Umarmung, ein Stück, das mit Licht und Heilung spielt. Die Klänge sind minimalistisch und doch reich an Emotionen, was den Track zu einem würdigen Finale macht.
Die Mercury EP, veröffentlicht am 1. November 2024 über Bandcamp ist ein Gesamtkunstwerk, das sowohl Retro-Sci-Fi-Fans als auch Liebhaber moderner Synthesizer-Kunst ansprechen dürfte. Sunesis hat es geschafft, eine komplexe, klangliche Welt zu erschaffen, die tief in die Fantasie eintaucht und Erinnerungen an Jean-Michel Jarre wachruft, ohne dabei seine eigene Handschrift zu verlieren. Ein Muss für alle, die sphärische, instrumentale Musik und futuristische Klangwelten lieben.