Island, das kleine verschlafene Inselchen, welches höchstens mal mit drohendem Staatsbankrott oder Vulkanen, die einfach den gesamten europäischen Flugverkehr lahmlegen, Aufmerksamkeit bekommt, bringt trotz seiner gerade einmal 300000 Einwohner in den vergangenen Jahren immer wieder wahre Kleinode alternativer Musik zum Vorschein. Neben der allseits bekannten Björk und den viel geschätzten Sigur Rós sorgten spätestens mit ihren letzten Longplayer 'Köld' die vier Herren von Sólstafir für gewisse Furore bei Kritikern und Freunden komplexerer Gitarrenklänge. Zwei Jahre später steht nun mit 'Svartir Sandar' Werk Nummer vier Nachfolger in den Startlöchern und soll den Vierer aus dem hohen Norden endgültig vom Dasein des Untergrundgeheimtipps befreien. Sólstafir gehen hier aber nicht dem Weg der Anbiederung an das Seichte und Austauschbare, sondern folgen völlig Unbeirrt den eigenen Pfaden. Was sich auf 'Köld' in einigen Songs schon andeutete, ist auf 'Svartir Sandar' regelrecht Programm: Weg vom Knüppeln des ersten Albums, verstärkt hin zu rockigen, psychedelischen Gitarrenlandschaften, ohne jedoch das Atmosphärische und Düstere auf der Strecke zu lassen, oder gar ins poppige abzugleiten. Am besten lässt sich das, was die vier Isländer da produzieren, immer noch mit dem Eyjafjallajökull vergleichen: Lange Zeit sanft und ruhig daliegend, gibt es eine plötzliche und heftige Erruption und genauso unerwartet kehren dann Anmut und Erhabenheit wieder ein. Konkret manifestiert sich das dann in vielschichtigen Gitarrenmelodien, begleitet von sporadischen Pianopassagen, die sich zunehmen verdichten, in regelrechte Soundwände zusammen wallen, welche schlussendlich in einem großen Knall in sich zusammen fallen und in der Fragilität der ursprünglichen Melodien ein Ende finden. Auch textlich gehen die Isländer ganz klar wieder einen Schritt weiter: Waren auf den letzten beiden Alben noch Texte in englischer Sprache zu finden, so sind diese endgültig dem Isländischen gewichen, was der schwer zu greifenden, ja fast mystischen Atmosphäre der Songs noch einmal einen weiteren undurchsichtigen Aspekt verleiht. Auch die Emotionalität und der Pathos, mit der Sänger Aðalbjörn Tryggvason die Stücke vorträgt, sucht man bei ähnlichen Veröffentlichungen vergebens. Sólstafir setzen die Messlatte für progressive, düstere Gitarrenmusik ein ganzes Stück nach oben und musizieren endgültig in ihrem eigenen Universum. Der in kürzerer Vergangenheit immer mal wieder auftauchende Begriff des Post-Metal hat hiermit seine vorerst unanfechtbaren Könige gefunden. Die Intensität und Authenzität der dargebotenen Songs ist bis dato in dieser Form nicht erreicht worden und absolut einzigartig. 'Svartir Sandar' ist der perfekte Soundtrack für einsame Sparziergänge an stürmischen Herbsttagen.