Was für ein Titel – das neue Livealbum der kanadischen Electro/Industrial-Legende kommt mit einem wahren Zungenbrecher daher... Ich war schon einigermassen überrascht, knapp 8 Monate nach dem letzten Studioalbum „Handover“ bereits eine neue Veröffentlichung herbeisehnen zu können. Schließlich waren die Abstände zwischen neuen CDs in den letzten Jahren doch recht lang geworden, nicht zuletzt wegen der Insolvenz des Skinny-Puppy-Labels SPV. Das neue Livealbum erscheint im übrigen erstaunlicherweise (?) bei Dependent. Nun kam heute die Post und ich hielt kurz darauf das neue Machwerk von Cevin Key und Nivek Ogre (live verstärkt von Schlagzeuger Justin Bennett) in den Händen. Also nichts wie rein in den CD-Player mit dem guten Stück... Und dann hinsetzen und staunen. Was da aus den Boxen dringt, ist Energie und Wahnsinn pur! Man hat das Gefühl, Teil eines der Konzerte zu sein auf denen die Lieder für das Album aufgenommen wurden (Warschau, Bratislava, Budapest und Hildesheim). Also hat Dependent nicht zu viel versprochen mit der vollmundigen Ankündigung, dass man es hier mit einem absolut unverfälschten und authentischen Livegenuß zu tun hat. Die Aufnahmen sind nämlich laut Label nicht nachbearbeitet oder geschönt worden wie man es bei den meisten Livealben heutzutage macht, sondern so aufgenommen wie es durch das Soundboard von Tontechniker Ken Marshall eingefangen wurde. Mich hat noch nie eine Liveaufnahme so mitgerissen und begeistert wie dieses. Zumal die 3 Musiker zeigen wie man elektronische Musik, auch wenn sie komplex ist, organisch und energetisch auf der Bühne umsetzen kann. Cevin Key spielt sehr viel live auf seinen Synths, bringt eine Menge Effekte, abgedrehte Spielereien und neue Impulse in die Songs, Ogre steuert mit seinem unnachahmlichen Gesang das Kranke bei und überzeugt mit seiner kompromisslosen Aggression, in der aber immer auch sehr sehr viel Gefühl steckt. Und dann Justin Bennett, der mit seinem Schlagzeugspiel die Musik unglaublich dynamisch und lebendig klingen lässt. Electrobands, die sich mit einem Sänger und einem Keyboarder auf die Bühne stellen und dann doch die Musik von Band laufen lassen, sollten sich ein Beispiel an Skinny Puppy nehmen. All jenen wird hier eine Nachhilfestunde erteilt! Skinny Puppy beweisen mal wieder, dass sie eine legendäre (Live)Band sind und selbst nach 30 Jahren Karriere den meisten Kollegen weit voraus sind. Diese Band gehört noch lange nicht zum alten Eisen, ich denke wir können noch einiges von den Herren erwarten... Als Anspieltipps seien genannt: „Addiction“, „Assimilate“ und „Shore Lined Poison“. Man hört gerade in diesen Stücken sehr gut, wie die Musiker auch improvisieren und den Stücken eine besondere Note verleihen – früher nannten die Puppies dies „Brap“... An alle die Skinny Puppy kennen, nicht kennen oder kennen und vielleicht von den letzten Alben ein wenig enttäuscht waren: Kaufen, hören und staunen!!!