Revivals und kein Ende. Dass sich allerdings Signal Aout 42, kurz SA42, die belgischen Kult-Elektroniker, die seit Mitte der 80er die Entwicklung der Electronic Body Musik stark beeinflusst und geprägt hatten, nach über zwölf Jahren Schaffenspause mit einem neuen Album zurückkehren würde, überrascht nun wirklich. Neun Jahre nach ihrem ersten Release veröffentlichte das Berliner Label Out of Line 1995 die mittlerweile recht rare „Immortal Collection – 1983 - 1995“, neue Veröffentlichungen folgten seither nicht mehr, es wurde ruhig um das Projekt, das mit seinen Landsleuten von Front 242 und den englischen Nitzer Ebb über Jahre Hit für Hit produzierte. Nach einem ersten Lebenszeichen mit dem Track „Langemark“ auf dem Labelsampler „Machineries of Joy Vol. 4“ legen SA42 (Anfang der 80er noch unter dem Namen „Signal“ bekannt) zur Feier ihrer Wiederauferstehung gleich eine Doppel-CD mit insgesamt 14 Tracks vor. Was darf man von einem Werk erwarten, dessen Titel „Transformation“ möglicherweise programmatisch zu verstehen ist? Ein erster Hördurchlauf gibt bereits recht schnell die Antwort: SA42 haben sich nicht neu erfunden und sind trotz hörbarer Weiterentwicklung ihrem Charakter und Stil treu geblieben. „Transformation“ ist ein modernes Electroalbum und besticht zugleich durch einen originären, so unverkennbar an die frühen Schaffensjahre erinnernden Sound. Jeder der 14 (offiziell nur zwölf aufgeführten; am Ende jeden Parts ist ein hidden track „versteckt“, der just dann zu rumoren beginnt, wenn man längst dabei war, das Gehörte zu verarbeiten) Titel reflektiert auf beeindruckende Weise die einzigartige Atmosphäre und Stimmung, die sich bereits beim Hören früherer SA42-Veröffentlichungen ausbreitete. Mit einer gekonnt inszenierten Mischung aus old school orientierten EBM-Sequenzen, minimalistischen Industrial-Eskapaden, betörenden Trance-Elementen und der unheilvoll rituell-beschwörenden Textrezitation von Jacky Meurisse erzeugt „Transformation“ eine unheilvolle, beängstigende Düsternis, die aus dem Geheimen, Verborgenen ihre hörbar treibende Kraft schöpft. Dichte, flächig angelegte Klangwälle treffen auf den unverkennbaren Rhythmus, der für eine körperfixierte Generation junger Menschen zum Lebensinhalt wurde, paaren sich in geschickten Lautspielereien mit dem Facettenreichtum aktueller elektronischer Clubmusik und bleiben dabei immer SA42. Titel wie der tribalangehauchte Part 1 Opener „Hell Gate“, das einem Soundtrack für einen Horrorfilm gleichende „So beautiful“ oder das kraftvoll unterschwellig aggressive „Misfortune to the loser“ sowie der Titeltrack „Transformation“ erzeugen ein gewaltiges, verstörendes Kopfkino, das nicht nur gefangen nimmt, sondern auch in eine andere geistige Realität entführt und dabei immer den Geist der frühen SA42 Jahre atmet. Part 2 fällt hingegen deutlich eingängiger und gefälliger aus. So spielen diese Tracks weniger mit Extremen, sondern präsentieren sich in einem Gewand, das dem des derzeit modernen Dark Electro noch am nächsten kommt. Dennoch wird hier keinesfalls alltagstaugliche Massenkost geboten. Jeder Titel bleibt auch hier in der Feinarbeit deutlich SA42. „Transformation“, aufgemacht als edler Digipack mit Posterbooklet, ist ein langer, aufregender, atem(be)raubender Spaziergang durch die Dunkelheit, durch menschliche, seelische Abgründe, eine Konfrontation mit den eigenen tiefsten Ängsten, Sehnsüchten und einem Hauch von Perversion. Grandios!