Seit zwölf Jahren treiben Fredrik Djurfeldt und Ulf Lundblad als Severe Illusion nun schon ihr elektronisches Unwesen. Mit „No More Alive Than You Deserve“ erschien letztes Jahr ihr viertes Album. Fünf Jahre haben die beiden Schweden daran gebastelt. Da darf eine Rezension dann auch mal ein Jahr nach der Veröffentlichung erscheinen (Hüstel). Ein skandinavisches Internet-Magazin nannte das Duo aus Göteborg EBM-Chaostroniker und hat damit den Sound der beiden recht gut beschrieben. Severe Illusion machen Oldschool-Electro, klingen dabei aber nicht nach Nitzer Ebb, sondern nach einer wilden Mischung aus Vancouver-Sounds, gepaart mit schwedischer Coolness und der Kälte ihrer ersten Vorbilder wie SPK oder TG. Ihre Songs über unsere vermeintlich zivilisierte Gesellschaft und den Menschen als Individuum sprühen nicht gerade vor Optimismus und wenn man sich Bilder Ihrer Live-Auftritte ansieht, meinen es Fredrik und Ulf scheinbar auch sehr ernst mit ihrer Kritik. Die ersten Tracks sind dann auch kühle Electrosongs, die hart und monoton aus den Boxen schallen und dem Hörer Konzentration abverlangen um am Ball zu bleiben. Wer aber dran bleibt, gewöhnt sich daran und ich habe nach mehreren Durchgängen Gefallen gefunden an Songs wie „Clear Head“ oder „Inside Your Narrow Little World“. Mit „Rotating Knives, Yes“ ändert sich der Sound. Auf einem MP3-Player konsumiert, könnte man meinen, dass Severe Illusion Album wäre vorbei und es würde eine alte CD von Synapscape beginnen. „Cultural Identity“ gefällt möglicherweise sogar Freunden von Haus Arafna. Der Grad der Verzerrung steigt also noch. Mit „And Them We Kill“ (insgesamt wirklich freundliche Songtitel) geht es zurück auf gewohnte Gefilde, bevor mit „Dirt“ musikalisch fast schon ruhige Töne angeschlagen werden, während textlich der Albumtitel aufgegriffen wird. Dieses Album ist sicher nichts für Electro-Gelegenheitshörer. Ich unterstelle mal, dass die beiden Herren aus Göteborg auch ganz bewusst ihre Hörer fordern wollen. Wer nicht auf Clubfuttersuche ist, bekommt hier über knapp eine Stunde interessantes Kopfhörermaterial geboten, dass bei mir zugegebenermaßen nicht in jeder Stimmung funktioniert.