Deutschrock, damit kann man mich echt jagen! Deshalb frage ich mich bei jeder Selig-Platte erneut, warum ich gerade bei dieser Band das neue Album immer kaum erwarten kann! Trauma aus vergangenen Zeiten oder haben Selig doch etwas anderes als die Westernhagens dieser Welt? Natürlich ist der Vergleich oben mehr als unfair, denn Selig sind bereits seit ihrer ersten Schaffensphase eine starke Kraft in der Indie-Landschaft der Republik und keine Stadionrocker mit Hang zum platten Massenprodukt. Während die Sportfreunde ‚Ich Roque’ sangen, tun es Selig wirklich. Cool genug um bei Raabs Songcontest aufzutreten, aber auch cool genug um nicht mit 164 unheiligen Punkten die Dusche im Mainstream herauszufordern. Über Virtuosität an den Instrumenten muss ich mich an dieser Stelle nicht auslassen, darüber sind wir längst hinaus, vielmehr interessiert also, wie die stilistische Ausrichtung der neuen Platte sich darstellt und ob die neuen Kompositionen mitzureißen wissen wie frühere Darbietungen. Selig sind älter geworden, jedoch keinesfalls leise, sondern eher reifer und vielfältiger. Pseudo-funkige Gitarren wir bei den Red Hot Chilis spendieren Plewka und seine Mannen in ‚Von Ewigkeit zu Ewigkeit’, der ersten Auskopplung, bei der man sich in der Radio-Version sogar dazu durchgerungen hat Streicherarrangements zu ergänzen. Orthogonal dazu die ehrliche Pop-Rock-Nummer ‚Doppelgänger’ mit prominenten Gitarren-Riffs und melancholisch-dynamischen Melodien, die Plewkas Stimme charakteristisch leicht gebrochen integriert, für mich die natürliche Wahl für die nächste Single. Dazwischen viele große Gesten, die mal mehr, mal weniger Verve transportieren, jedoch alles Vorzeigesongs für authentische, zeitgemäße und zeitlose Rockmusik zur Folge haben. Der letzte Song betont mit zwölf Minuten Länge noch einmal das Können der gesamten Band, die eine Ballade in ein psychedelisches Epos überführen, das man gerne auch wieder hört. Schöne Grüße an Kula Shaker! Nicht alle Songs sind abenteuerlich neu oder grenzüberschreitend innovativ, die Band erinnert sich jedoch an alte Zeiten ohne diese bewusst oder unbewusst aufzuwärmen. Ein gutes Album zum vollständigen durchhören.