Nach dem außergewöhnlichen „Kunststück“ anno 2005, als Schandmaul im Münchner Zirkus-Krone-Bau mit dem Puchheimer Jugendkammerorchester für Begeisterungsstürme sorgten, fragte sich sicherlich mancher Anhänger des Sextetts welche Richtung dieses wohl in Zukunft einschlagen würde. So ging es auch mir, deshalb war ich schon sehr neugierig auf das neueste Silberscheibchen mit dem klingenden Namen „Mit Leib und Seele“. Die Spannung steigerte sich noch, als im Vorfeld der Veröffentlichung aus der einschlägigen Presse zu erfahren war, daß sich die Band für die Ausarbeitung des fünften Studioalbums in die alten Gemäuer der Runneburg (Thüringen) zurückgezogen hatte. Entstanden sind dort nicht weniger als 68:46 Minuten schandmaulischen Schaffens, verpackt in einem feuerroten Digipack mit 36-seitigem Booklet, das mit kleinen Gemälden sehr ansprechend gestaltet wurde. Musikalisch entfernt man sich vom orchestralen Bombast der „Kunststück“ und kehrt zu dem zurück, was man am besten kann, nämlich Geschichten erzählen. Geschichten über einen „Abschied“ oder eine „Dunkle Stunde“, begleitet von akustischer Gitarre und sanften Flöten- bzw. Violinenklängen, Geschichten von Krieg und Angst („Vor der Schlacht“, „Die Tür in mir“), die mit Dudelsack und deftigen E-Gitarren inszeniert werden oder Geschichten über die Liebe, ergreifend dargeboten von Sänger Thomas Lindner. Sogar ein kurzweiliges Detektiv- und Wortspiel findet sich auf dieser Scheibe („Mitgift“), bei dem ich angesichts des schwungvollen Flötenspiels unwillkürlich an Miss Marple denken mußte. Ob’s nun der historischen Umgebung lag oder an den reichlich gesammelten Erfahrungen beim „Kunststück“-Projekt, Tatsache ist, daß das Songwriting im Vergleich zu den vorangegangenen „regulären“ Releases hörbar gereift ist. Die sechs Bayern geben sich diesmal ungewohnt ernsthaft, man findet nahezu keine unbeschwerten Tanzlieder mehr, dafür tiefgründige Texte und ausbalancierte Melodien. Sanfte Balladen oder treibende Rocksongs werden von Thomas Lindner facettenreicher intoniert, als bisher und daß bei letzteren den Gitarren deutlich mehr Platz eingeräumt wurde, tut dem Sound nur gut. Trotzdem bleibt der einzigartige Schandmaul-Stil in jeder Note erhalten. Was soll ich sagen – Spagat geglückt. Spätestens mit dieser CD hat sich die Formation endgültig ihren Platz in der ersten Liga des Folk-/Mittelaltergenres gesichert.