Die scheinbar schlichte Frage "Liebst du mich?" kommt ja immer dann auf, wenn Zweifel mit im Liebespiel sind. Bei berechtigtem Zweifel stellt sich später ganz sicher noch die Bestsellerfrage "Wer bin ich - und wenn ja, wie viele?". Sara Noxx fragt nicht lang. Sie (a)giert, sie implodiert & kämpft... mittels Maxi-Split-Auskopplung. Da zu allem, was eine Beziehung manchmal so schwierig macht, mindestens mal zwei gehören - teilt Sie sich den Platz am Mikro mit Limahl & Felix Flaucher. Sie herzt ungeniert zwei Jahrzehnte Wave & gießt diese in eine ausgefeilt intensive Form der Zeitlosigkeit. Typisch Frau, glaubt stets auf's Neue an die "Superior Love" & bleibt dennoch bei der Partnerwahl partout im Rahmen früher Schlüsselerlebnisse ;-) Schwarzweissmalerei, reinterpretiert mit Neon-Typo-Stilbewußtsein à la Peter Saville 2.0, divergiert grafisch das jeweilige Featuring. Einig sind sich beide innerlich jedoch in der "Album Version", jeweils einem Clubmix von Winus Rilinger (The Eternal Afflict, Inside) & der musischen Materialschlachten von Axel Ermes (Girls Under Glass). Always look on the bright side... & wenn es um unendliche Geschichten geht ist Limahl der richtige Mann für ein knisterndes Battle der Leidenschaften, der perfekte Botschafter für das Pop. Etwas too shy ist er wohl noch immer & hat sich hierbei der Verstärkung durch Produzenten Ian Curnow (Pet Shop Boys, Talk Talk, Banana Rama u.v.a.m.) versichert. Nicht zuletzt dadurch atmet der Single Edit mit jeder Pore die kühle Romantik der frühen 80er, ohne irgendwie nach Retro oder Second Hand zu klingen. Einen drauf setzt Winus Rilinger. Sein Clubmix ist die hörbar tiefste Verbeugung vor den Sound-Designern der good old Sheffield-Scene, eine funkelnde Reminszenz an den klassischen Maxi-Single-Remix... to be played at maximum volume! Er darf sich das pralle 12-inch-Label verdient an die Heldenbrust patschen. Weiter geht es ohne Testosteron-Beistand & die Album-Version gewinnt sogar durch ein simpleres, aber dennoch unwiderstehliches Arrangement. Anders Alexander... wortwörtlich. Der smarte Schwede, von Alice in Videoland, liefert statt dem von mir erwarteten Adrenalin-Brett - flimmernde Herzrythmusstörungen welche dann & wann von einem Synthie-Defilibrator aufgeputscht werden. Axel Ermes indes erkennt den Ernst der Lyrics & setzt nun alles auf eine Soundkarte. Er tauscht die Discokugel gegen cremiges Moll, getragen von voluminösen Streich(l)ereinheiten, einem hingebungsvollem Piano & so ziemlich jedem Effekt der halbwegs auf Adagio passt. David Sterry, vom australischen New Wave Urgestein Real Life, hingegen ist eine richtig coole Sau. Er flippert, zwischen post- & hyper-modern durch die Zweischneidigkeit an der Gefühlsfront, auf's absehbare Ende zu. Fragt sich jetzt nur noch, wer hier letztlich Oberhand gewinnt. Die Föhnfrisur oder die Finsternis? Wenn einer wie Felix Flaucher vor ein Mikro tritt & Frank Schwer ein stromliniengerechtes Feld mit seinen Gitarren beackert, dann ist das ein Statement für schwelgerische Melancholie. Diese kostet der Single Edit anrührend aus, ohne dabei die Gene der Album Version großartig zu verbiegen. Felix Flaucher wirkt weniger wie ein Duettpartner, vielmehr wie ein düsterer Souffleur welcher das Spiel um Lust & Unlust reflektiert. Winus Rilinger, erneut dafür zuständig das hier nicht nur die Seele mitschwingt, schneidert Virgin Mary doch glatt ein modernes Büßerhemd für den Club... bevor Axel Ermes mit musikalischen Wagemut verstört. Drei von siebeneinhalb Minuten widerspiegeln hörbar eine Dissonanz im limbischen System, der anfängliche Düster-Einheits-Stampf poltert taktlos gegen die Vocal-Passagen an... um sich danach mit einem grandios grollenden Girls-Under-Glass-Riff zu kreuzen & unter Aufbietung sorgfältig ineinandergreifender Percussions, überbreitem Klangpanorama sowie trancig verspielten Harmonien eine furiose Wall of Sound zu kreiren. Ein Unikat der Gefühlsbandbreite, jedoch am Thema Remix glatt vorbei & über's Ziel hinaus. Dark Territory schwingen hemmungslos die Beat-Peitsche, trommeln schamanisch das Scheitern der Beziehung herbei & verblenden Hoffnungen auf eine schaurige gemeinsame Zukunft mit adäquaden Samples. Johannes Berthold jedoch sieht da noch Licht am Ende des Tunnels & wirft alles was Dark Wave in den 90er Jahren groß gemacht hat in die Waagschale. Mit scheinbar aggressiven Gitarrenklängen, theatralischen Synthesizern & epischem Gänsehaut-Arrangement wiederaufarbeitet er diverse Genre-Verirrungen der Szene. Respekt! Nach erneutem Alleingang von Frau Noxx dann die obligatorischen Remixe einer Vorab-Veröffentlichung, ohne die gegenseitige Verehrung der bisher gefeaturten Mannsbilder. Chris Pohl macht den Anfang & bedankt sich für eine frühere Kollaboration mit angenehmen Tuning von Sound & Vocals. Noch ein engelsgleicher Chorus als Zuckerchen obendrauf & schon ist dieses Gerücht vom Schablonen-Mix aus dem Hause Blutengel... nur noch eine böse Mär ;-) Liebe ist wie Krieg, gut wenn man da einen wie Funker Vogt an der Hand hat. Statt grimmiger Waffenschau in Schnürstiefeln, stimuliert Gerrit Thomas hier die Libido mit taktisch kluger (Electro) Body Language... & Ralf Jesek hat letztlich genug von homogenen elektrischen Stilmitteln. Seine uneingeschränkt romantische Zuneigung bringt er durch zusätzliche Vocals zum Ausdruck & lässt mit In My Rosary die Fledermaus rocken. Nach soviel Trost & Beistand von aufmerksamen Freunden - folgt nun jener Reflex, die schmerzende Wirklichkeit zu vernebeln & nach Ablenkung zu suchen. Die findet Sara Noxx in einem weiteren Vorab-Zwischenspiel ganz ohne Schamgefühl, bei Vylevirtue. Diese griechischen Industrial-Machos erwidern zart gehauchte explizite Fantasien mit dem rasseln von Krupp(s)stahlharten Souvláki-Spießen & mit behaglich von Ouzo geschwänkertem Organ. Hammerharter Urlaubsflirt, der deftig nachklingt... Die Antwort auf die Frage nach dem, was Frau in solch einem ungleichen Kräfteverhältnis ausmacht - Emotion oder Verstand, bleibt jedoch aus. Vielleicht offenbart da der kommende Longplayer "In(t)oxxication" ja mehr?!