Sehnsüchtige Melancholie, schmachtige Dramatik produziert mit sirrenden Gitarrenläufen, einem nicht unerheblichen Keyboardteppich (gerne auch mit Streichern), ein solides Schlagzeugspiel (gerne auch mal aus der Konserve) und ein im Hintergrund vor sich hin zupfender Bass, festgehalten in Songs mit schönen aber sich auf Dauer erheblich ähnelnden Melodien. Dazu der fast immer männliche Gesang, leicht gequält, sanft und sich nie in den Vordergrund drängend - Na, kommt dem Leser das bekannt vor? Das könnte die Beschreibung für eine nicht überschaubare Masse an Bands sein, die in den 80ern und teilweise noch 90ern vor allem in Europa die vogelnesttragenden Schwarzkuttler mit einem Goth Rock Stil verzauberten, der so ganz eigen und wenig beweglich war und dennoch in der Szene erfolgreich das Bild bestimmte. Sisters, Fields of the Nephilim oder The Cure als Beispielvorreiter, Garden of delight, Kiss the blade, Love like blood und wie sie alle hießen als tolle Namen für die Perfektionierung dieser Spielart ohne harte Riffs, Elektronik, Bässe oder andere später auftauchende Stilelemente. Dann verschwand dieser Stil nach und nach, man hatte sich satt gehört an großartigen aber zugegebenermaßen immer recht ähnlich klingenden Alben und heute finden sich nur noch am Rand der Randgruppe vereinzelt Bands, die diesen Sound unbeirrt spielen. 2011 formte sich der Londoner Vierer und wenn ich eine so monumentale Einleitung schreibe, ohne den Bandnamen Red Sun Revival zu erwähnen, dann vor allem, weil die Band sich vorgenommen hat, genau so zu klingen wie oben erwähnt.... wie früher eben. Der Goth Rock Fan von einst, der seit Jahren eigentlich nur noch Bootlegs oder ganz seltene EPs aus alten Zeiten ersteht, weil die meiste Neuware, die sich Goth Rock schimpft, nicht seins ist kann sich freuen. 'Identities' lässt zwar selbst etwas eigene Identität missen, gleicht dies aber mit einer erstaunlichen hohen Rate an (Fast)Volltreffern aus. Der Opener, "Echoes", "Four Walls", "The condemned 2" und ganz besonders "In your name" hätten vor 30 Jahren die Tanzflächen gefüllt und die Band wäre sicherlich überaus erfolgreich geworden. Heute kann man damit nur noch den Rand der Randgruppe bedienen, das aber erstaunlich gut. Der Rest der Songs geht etwas unter und erliegt der Beliebigkeit. Will man zwanghaft Besonderheiten heraushören, an denen sich Red Sun Revival festmachen lassen können, so ist der Gebrauch einiger 80er Gitarrensoli und die ab und an in der Stimme fast schon Meat Loaf'sche Züge annehmende Dramatik zu benennen. Doch sind es die guten Songs, die 'Identities' wertvoll machen. Tjoa, Seltenheitsbonus, Nostalgiewohlwollen und Sehnsucht nach eben genau dem, was man schon lange nicht mehr so gut vorgesetzt bekam: Auch wenn Red Sun Revival nichts Neues bieten und das Album genau wie viele andere aus der Vergangenheit an der Beliebigkeit in der Masse leiden kann bin ich zufrieden, werde einigen Songs noch oft lauschen, sie mir erfolglos in den nahen Clubs wünschen und der Zielgruppe eine Reinhörempfehlung ausstellen (Aufpassen): Reinhören!