Reconvalescent - The Progress of Nothing

Reconvalescent - The Progress of...

Reconvalescent ist ein serbisches Projekt. Laut Labelinformation ist die Identität hinter dem Avantgarde-Industrial-Metal-Projekt nicht relevant, allein die Message zählt. So bezeichnet man den Protagonisten als "Vessel" (Gefäß), dass aus einer entfernten Galaxy stammt. Auf die heimische Knutschkuller kam es, um uns an den Erfahrungen und Informationen einer weit entfernten Zivilisation teilhaben zu lassen. Diese existiert in einer Galaxie, die der unsrigen nicht unähnlich ist. Gelandet ist "Vessel", allen Informationen nach so um das Jahr 2018 herum. (Ob das wohl die NASA weiß???) Von vornherein trete ich Kunstkonzepten nicht unaufgeschlossen gegenüber, jedoch vermute ich hier, dass der Akkuschrauber die ein oder andere Umdrehung zuviel tätigte. Das hat offenbar erheblich zur Destabilisierung des Schraubenhalts der Beteiligten beigetragen. Dieser Umstand muss aber nicht unbedingt bedeuten, dass der musikalische Output unkonsumierbar ist. Ich lass mich darauf ein und starte meine erste wahrhaftige Begegnung der 3. Art.

Tatsächlich mutet „Cult of Solaria“ an, wie die musikalische Untermalung der Landung eines Raumschiffes. Ein pulsierendes Geräusch ist untermalt von einem mythischen Klingeln. Weit im Hintergrund ist ein sphärisches Klingeln zu hören.„ Consume me“ führt ruhig ein. Eine leicht beschwörend, gepresste Stimme schwimmt gebetsartig in einer seichten Tonfolge. Langsam und stetig folgt Geräusch auf Geräusch, bis sich ein komplexer Titel aufgebaut hat. Das alles gibt mir Zeit mich an die Musik zu gewöhnen, die langsam beginnt die Stimme zu verschlucken. Allem wohnt eine mahnende Gefährlichkeit inne und die Stimme wird fordernder und aggressiver. Der Titel vergeht wieder in dem Klingeln des Intros.Ziemlich hart schlägt nun „Reconstructivist“ ein. Das aufgewühlte Drum ist hier die Hauptattraktion des Titels. Man merkt förmlich, wie es die Stimmengrowls und den Gitarreneinsatz nach eigenem Gutdünken bändigen kann. So lange, bis es der Aggression freien Lauf lässt.„I will show you every Part of me, even the Darkest Ones“ empfängt mich versöhnlich ruhig mit einem warmen Geräuschteppich durch den eine verträumte Tonfolge schwimmt. Dieser Einstieg lädt zum Träumen ein und trägt mich langsam weg. In das immer komplexere Konstrukt zerrt plötzlich ein Synth, der den Horizont verdunkelt. Alles wird nach unten reguliert und schwammig. Die einsetzenden Gitarren reißen mich dann endgültig aus dem Traum. Der Song endet in einer verstörten Tonfolge. Beim folgenden „Ghost of Stroy“ wird Vessel wieder aggressiv und von einem drückenden Drum begleitet. Die Doublebassdrum bekommt Arbeit. Und doch ähnelt der Song mehr einem klassischen Lied statt einer Metal-Knüppelnummer. Es gibt viele Zwischenparts, die Zerissenheit und auch Verwundbarkeit implizieren. Der Titel wirkt wie eine Geschichte, die dargeboten wird. Dabei schwingt sich die Musik zum Transporteur der Stimmungen auf. Mich erinnert das Setting an die klassischen kleinen „Rockopern“, die in den 70ern sehr verbreitet waren. „The Progress of Nothing“ als eine Art Outro lässt nicht mehr viel von der Hoffnung des Beginns übrig, nur verschwommene, düstere Tonfolgen bleiben zurück und verschwinden dann.

Ich bin wirklich positiv überrascht. Hier haben wir eine knackige, niemals langweilende Produktion. Auch wenn ich der Ankündigung "Avantgarde-Industrial-Metal" zunächst recht voreingenommen gegenüberstand, habe ich meine Meinung zum Positiven geändert. Ich würde das Werk nicht dauerkonsumieren, aber eine sehr willkommene Abwechslung vom alltäglichen Musikgeschehen bietet sich hier in jeder Sekunde. Man hört die Liebe, das Können und auch den Anspruch des Machers. Meiner Meinung nach hat er die verschrobene Rundum-Story überhaupt nicht nötig. Was hier vorliegt ist eine lupenreine Empfehlung. Gefallen könnte euch das Werk, wenn ihr einen Hang zur Nostalgie habt und mit Bands, wie z.B. Laibach etwas anfangen könnt. oder ihr möchtet eben einfach mal testen, ob der Tellerrand tatsächlich eure Grenze ist.

Erhältlich ist "The Progress of Nothing" über die Bandcamp-Seite von Reconvalescent.

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