Die Radiohead Re-Issues gehen in die zweite Runde mit den Alben 4-6, die eine wahrlich andere Richtung einschlagen als die ersten drei Werke. Wieder erscheinen die Neuveröffentlichungen im Digi-Double-Pack oder in kleinen Boxen, denen dann zusätzlich noch eine DVD beiliegt. Zur Rezension liegen mir diesmal die Doppel-CD Versionen vor. ‚Kid A’, das heißt Schluss mit lustig für alle, die Radiohead wegen ihrer eingängig grungigen Melodien der ersten beiden Alben oder der gemütserwärmenden Balladen wie ‚No surprises’ oder ‚Karma Police’ lieben gelernt haben. Was da im Leben des Thom Yorke passiert ist, mag man nur schwer rekonstruieren, denn den Sounds nach hat sich viel davon direkt in seinem Kopf abgespielt. Das Album beginnt mit einer sperrigen ‚Nicht-Ballade’ ohne Beats namens ‚Everything’s in the right place’, die ein wenig Angst macht es aber trotzdem schafft eine gewisse Faszination aufzubauen. Dass ‚Kid A’ dann noch ambienter und collagen-hafter wirkt verstärkt die Irritation und das düstere ‚National Anthem’ nimmt endgültig jegliche Hoffnung noch ein ‚Creep’ oder gar ein ‚Climbing up the wall’ in Neufassung zu erhaschen. Ähnlich wie in Free-Jazz spielen die Instrumente teilweise gegeneinander statt ein gemeinsames Ganzes zu liefern. ‚Treefingers’ klingt gar als wäre es der schrägsten Phase von Alex Patterson mit seinem The Orb Album ‚Orbus Terrarum’ entsprungen. Experimentell und wenig eingängig muss man sich auf diese Musik einlassen um die gute Intention zu erkennen, die Radiohead hier zusammen mit Nigel Godrich in das Album implementiert haben und lediglich ‚How to dissapper completely’ liefert eine kleine harmonischer Versöhnung. Die Bonus CD zum vierten Album liefert keine B-Seiten sondern dreizehn Live-Tracks, die Live in Concert oder auch bei Radio-Sessions aufgenommen wurden. Kein Wunder, denn es wurden auch seinerzeit keine Singles aus ‚Kid A’ veröffentlicht. Die Live-Versionen zeigen die extreme Produktion des Original Albums, denn live kommt man dem erheblich näher, was man von Radiohead kennt und wofür man sie verehrt. Die Songstrukturen und Soundcollagen vereinfachen sich und Lautes erscheint lauter, Leises wirkt fragiler. Das macht vor allem bei den Radio One Evening Sessions Sinn und bringt einen echten Mehrwert zum ursprünglichen Release. Sicherlich kein schlechtes Album, das Radiohead hier abliefern, keinesfalls aber auch ein Klassiker wie ‚OK Computer’. Zu abstrakt um glücklich zu machen, so geht es mir zumindest…