Orange Sector - Feuer & Flamme

Orange Sector - Feuer &...

Es war auch nicht anders zu erwarten: "Folge dem Licht" eröffnet "Feuer & Flamme", das mittlerweile 13. Album von Orange Sector, standesgemäß mit blubbernden EBM-Sequenzen alter Schule. Denn das ist es, was die Band aus Hannover seit ihrer Gründung in den frühen 1990ern ausmachte: Sounds im Geiste von Deutsch Amerikanische Freundschaft und Nitzer Ebb zu produzieren. Ein sicherlich heikles Unterfangen, ist der Proto-EBM dieser Bands derart unikat und die Gefahr, zu einer bloßen Kopie zu geraten, ist geradezu riesig.

Deswegen muss es irgendeinen Dreh, irgendeine Besonderheit geben, um sich von den eigenen Idolen abgrenzen zu können. Bei Orange Sector ist es vor allem Sänger Martin Bodewell, dessen räudiges Organ den Unterschied macht, während man sich musikalisch ganz nah an den tradierten Vorgaben hält. Bei "Feuer & Flamme"  ist das kein bisschen anders. Schon "Traumfrau" klingt verdächtig nach DAFs "Alle gegen alle", "In Deiner Haut" (ein Song für alle Fans, die sich das Bandlogo auf ihren Körper haben tätowieren lassen) erinnert an die Weiterentwicklung dieser Spielart elektronischer Musik, die sich während der Wendezeit ausformte.

In ihrer konsequenten Weiterführung knackiger Body-Sounds haben Orange Sector dabei ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen. Schließlich sind im Laufe immer aufwändigerer Produktionen auch die muskulöse Maschinenmusik in einen Optimierungswahn geraten. Die Sequenzen wurden bratziger, die Bässe noch fetter und tiefer. Kurzum: Es steuert alles auf einen schlotzigen Electrobrei hin, der die Feinheiten begrub und nur noch das Ziel hat, die Gehörgänge maximal mit Schall zu tapezieren.

Diesbezüglich ist "Feuer & Flamme" eine wahre Wohltat, da das Album zwar natürlich den neuesten produktionstechnischen Standards entspricht, in der Wahl der Instrumente man aber gerne auf die warmen, analogen Töne alter Synthesizer zurückgriff. Dadurch ist ein Werk entstanden, das mit satten Tiefen punkten kann, aber gleichzeitig ein brillantes Retrogefühl erzeugt. Zudem wissen Bodewell und sein Kompagnon Lars Felker sehr genau, welche Knöpfe sie drücken (respektive drehen) müssen, um einen Song wirkungsvoll in Szene zu setzen.

Über zu wenige Clubhits braucht sich die Band, die seit ihrem 2006er Comeback-album "Bassprodukt" Stammgast der Deutschen Alternativen Charts ist, nicht beschweren. Und auch "Feuer & Flamme" wird dank solcher Songs wie "Tanzfabrik" und "Miststück" aller Wahrscheinlichkeit nach in den hiesigen Düster-Diskotheken in schwerer Rotation laufen.

Doch können sie auch anders, wie "Niemand" zeigt. Keine schwitzenden Maschinen mehr, dafür schleppende Beats, die von einer dunklen Synthielinie umgarnt werden, während Martin die Geschichte eines alleine gelassenen Menschen singt, schließen den Longplayer vergleichsweise ruhig ab. Wie für Orange Sector typisch, wird nicht in metaphorisch überladenen Phrasen salbadert, sondern recht knapp ein unfertiges Stimmungsbild aufgebaut, das die Hörerin oder der Hörer selbst vervollständigen muss. Dabei wird wohl jeder, je nach eigener Erfahrung, jemand anderen in diesen "Niemand" sehen.

Der Albumtitel indes beschreibt ziemllich treffend das Gefühl, welches von den Niedersachsen ausgeht. Diese scheinen nämlich auch nach mehr als 30 Jahren immer noch jede Menge Bock darauf zu haben, pumpende Sounds unter das Volk zu mischen. Vor allem aber gelingt es der Gruppe geradezu spielerisch leicht, die alten Klänge und Melodien unfallfrei in die Gegenwart zu transportieren, ohne den Nostalgiefaktor zu arg auszureizen. Old school EBM, dein Name sei Orange Sector! Amen.

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