Ach Suomi, was wären wir bloß ohne dich...? Nein, denkt doch nicht immer gleich an den Wodka und das Rentierfleisch. Hier geht es um Kunst! Gemeint ist eines der begabtesten Combos des Landes der tausend Seen – Trommelwirbel – Negative! Seit dem letzten Album „Anorectic“ sind gut zwei Jahre vergangen. Doch dank der DVD "In The Eye Of The Hurricane", etlichen Live-Auftritten und folgenschweren Suchtmittel-Exzessen wurde es nie langweilig um die smarten Finnen. Hier ist sie also endlich, gro?? angekündigt und kein Wort war übertrieben: Karma Killer... Eigentlich reicht schon der erste Track „Devil On My Shoulder“ um zu bemerken, dass hier kein bisschen die Luft rausgeblasen wurde. Gewohnt melodiös-rockig geht’s in die erste Runde des mittlerweile schon vierten Albums mit traumhaften Gitarrensoli und schnarrenden Riffs, die prädestiniert sind um sie im eigenen Wohnzimmer nachzurocken. Bewundernswert ist auch immer wieder wie aus so einem zierlichen Kerlchen, wie Jonne Aaron einer ist, solch eine umreißende Stimmgewalt ertönen kann. Zweite Runde: Mit „Sealed“ dringt eine gefühlsbeladene Schmerz und Pein-Nummer ans Ohr, die mich erst mal diesen Text unterbrechen lässt. Mit diesem Song machen Negative sich und ihrer finnischen Lebensgewohnheit zum unzähligsten Male alle Ehre. Textlich gibt’s eben nur tiefste Melancholie und nichts weiter ... aber verpackt in fast das Herz zerschmetternde und flehende Melodien. Es taucht wieder das Bild von einer, mit Schnee bedeckten, Waldlandschaft auf ... wie ist es doch romantisch?! Zwischendurch fällt auf (oder halt auch nicht), dass es gar nicht mehr die Fingerchen von Alle-lieben-Christus – Sir Christus – sind, die da in die Saiten der Rhythmus-Gitarre hauen. Der neue Mann hinter der Klampfe, Gary, macht seine Sache zwar mehr als perfekt und durch den Wechsel gibt es glücklicherweise auch nicht mal einen Ansatz an Soundveränderung. Dennoch dürfte der Verlust den ein oder anderen hartgesottenen Fan traurig stimmen. Aber das wollen wir ganz schnell verdrängen. Passend dazu gibt’s den nächsten Song: „Won’t let go“ verzückte schon seit geraumer Zeit die MySpace Freunde und steigerte die Erwartung von Karma Killer ins Unermessliche. Mit „Motherfucker“ schlagen wir ganz leicht in eine andere Richtung – zumindest textlich. Weg mit den Depressionen und her mit den Aggressionen, die hier mehr als ordentlich rausgelassen werden – so muss richtiger Rock sein!!! Um den Rahmen hier nicht zu sprengen, kann man festhalten, dass uns das typische Negative-Konzept geboten wird. Eine reichhaltige Abwechslung aus Härte und Gefühl, Power und Emotionen. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist „An Ornament“. Ein richtiger Song um wie losgelöst von allen Sinnen ins Kissen zu weinen, pure Dramatik, aber nicht mal annähernd kitschig – einfach großartig! Auf „Anna Simona“ wird diese Theatralik mittels Orchester gesteigert. Ein Traum von Musik – und Larry mit seiner Paula mittendrin erinnert an die ganz Großen. Abgerundet wird das Ganze mit der bittersüßen Ballade „Gravity Of Love“, in der der feenartige Frauengesang nahezu himmlisch mit Jonnes kräftigem Schreigesang und den genialen Gitarren-Riffs harmoniert. Dieser Abgang zwingt einen förmlich sofort die Replay-Taste zu betätigen!!! Fragt mich nicht nach Anspieltipps, jeder einzelne Song ragt heraus. Monotonie Fehlanzeige. Dies ist eins der wenigen Alben auf dem Markt, welches von Anfang bis Ende uns tief in seinen Bann zieht, ganz fest in seinen Fängen hält und selbst nach dem Abklingen uns einfach nicht mehr loslassen will. Mit Karma Killer haben die Finnen ein durchgängig beeindruckendes Werk auf den Markt geworfen, der ohne im entferntesten langweilig zu werden, fast nicht besser sein könnte. Damit wäre wieder mal bewiesen, dass Negative ohne Zweifel zu den besten Bands ihres Genres zählen. Der einzige jedoch erhebliche Haken an der Sache ist, dass unglücklicherweise nach der Veröffentlichung in Finnland, Schweden, Norwegen, Japan, Russland, Ukraine usw. noch immer kein Veröffentlichungstermin für Deutschland feststeht. An dieser Stelle tut es nun wirklich nicht mehr Not zu sagen, dass jeder Glam-Rock-Liebhaber, der dieser CD in seinem Regal keinen Sonderplatz einräumt (bzw. nach Veröffentlichung in Deutschland ihr die kalte Schulter zeigt), sich schämen sollte. Um meine Anerkennung zu demonstrieren, gibt’s 5,5 Sternchen und den Befehl genauso weiterzumachen!!!