Was haben Ricola, Appenzeller Käse, The Young Gods, Yello und Kartagon gemeinsam? Richtig! Sie alle kommen aus dem kleinen, feinen Land der unbeugsamen Schweizer! Gar nicht mehr klein, dafür aber sehr fein ist der (für mich) neueste Export aus dem Alpenstaat: NamNamBulu. Wir unternehmen jetzt allerdings weder einen musikalischen Ausflug in die Wildnis Zentralafrikas noch werde ich Euch eine Tribal-Drumming-CD vorstellen. Was auch immer die Beweggründe der beiden Musiker Henrik Iversen (Text/Gesang) und Vasi Vallis (Komposition/Synths) gewesen sein mögen, ihrer Band diesen Namen zu geben, egal. Wie bis dato in einigen Interviews zu lesen, gibt es offenbar auch gar keine. Fakt ist, daß der Name ungewöhnlich ist, und – hat er sich erst mal eingeprägt – so schnell auch nicht mehr vergessen wird bzw. werden sollte! Mir war NamNamBulu zugegeben bis dato noch kein Begriff, auch wenn sie sich bereits als fleißige, erfolgreiche Remixer (u.a. für Lights of Euphoria, Endanger) und bei etlichen Live-Auftritten in die Herzen vieler Hörer gespielt haben. Doch kurz zurück zu den Anfängen von NamNamBulu: vor knapp zwei Jahren begannen Vallis und Iversen gemeinsam elektronische Popmusik zu machen. Ende Juli 2002 trug die Zusammenarbeit schon erste Früchte: die EP "Blind?" ging an den Start und erntete sofort durchweg gute Kritiken. Nach dem Release der heiß begehrten DJ-Promo-Single "Memories" (der Song landete daraufhin prompt in den DAC) ist diesen Montag nun das lang ersehnte Debüt-Album "Distances" auf Torben Schmidts (Lights of Euphoria) neuem Label Infacted Recordings erschienen. Als Schweizer Antwort auf VNV Nation wurden NamNamBulu jüngst auf ihrer Homepage betitelt und mit bekannten Acts wie Assemblage 23 oder Camouflage verglichen. Alles irgendwie richtig, aber auch nicht wirklich, denn NamNamBulu's mal verträumt-dunklen und mal kraftvoll-frischen Electro-Pop-Sound sollte man nicht einfach als Kopie der oben genannten Bands abtun, sondern so schnell wie möglich als feste, eigenständige Größe mit einer gehörigen Portion Charisma in seinem Kopf verankern. Die Songs auf "Distances" (einige waren schon auf der Vorab-EP "Blind?" zu finden, sind hier aber als neuer Remix vertreten) strotzen nur so vor Melodien und verschmelzen mit den treibenden Beats zu einem äußerst gelungenen, teilweise leicht tranceartig wirkendem Sound-Cocktail, bei dem sich immer wieder Überraschungen auftun. Weiche, eingängige Synthieflächen begleiten Henrik Iversen's starke, klare und harmonisch Stimme (man glaubt streckenweise tatsächlich, einen Dave Gahan heraus zuhören, m. E. vor allem auf "Deception"), gelegentlich untermalt von stimmungsvoller Piano-Begleitung. Songs wie "Memories", "Now Or Never" und "Deception" sind so "catchy" und voller Lebendigkeit, daß man nicht mehr stillsitzen möchte. NamNamBulu's Kompositionen kommen an die Qualitäten eines perfekten Electro-Pop-Songs wirklich sehr nahe heran – musikalisch wie textlich, denn zwischenmenschliche Gefühle werden hier groß geschrieben und in vielen Facetten beleuchtet. Auch wenn die Songs meist ähnlich aufgebaut sind und sich wie viele Genre-Kollegen der gängigen Sound-Elemente bedienen, strahlt "Distances" eine ungeheure Anziehungskraft aus, was zu einem nicht unerheblichen Maße vielleicht auch an den beiden sympathischen Schweizern liegen mag. Was NamNamBulu's Musik auf Anhieb so bemerkenswert macht, ist schwer zu beschreiben. Vielleicht sollte man einfach nur in Ruhe in das Album rein hören und sich treiben lassen. Den letzten halben Stern, bei dem ich zuerst noch zögerte, ihn zu vergeben, muß ich mit der Abschlußballade "Apart" rechtfertigen, denn seit Guns n' Roses' "November Rain" habe ich keine schönere vom Klavier begleitete Ballade mehr gehört, bei der ein Sänger seine stimmlichen Qualitäten so ausschöpfen kann. Obwohl ich das ganze Album uneingeschränkt empfehlen möchte, liegen mir die vier folgenden Songs besonders am Herzen: "Surviving", "Deception", "Hunting" und "Apart". Wenn die beiden so weiter machen, werden sie die Kings of Futurepop von der Insel womöglich bald noch vom Thron stoßen! Erst mal gehen sie aber im Herbst mit Melotron auf Tour und dabei sein ist wieder mal Pflicht! PS: wer mich für die Sternchen-Wertung nun steinigen möchte, darf dies gerne tun, ich stehe zu meiner Entscheidung!