Wer kennt sie nicht: Mind.In.A.Box. Na gut, der Standard-08/15-Radiohörer sicherlich nicht, also schon mal ein Großteil. Und vermutlich fallen auch Alle durch’s Raster, die mit rein elektronischer Klangerzeugung feat. technoiden Synthpop-/Electro-Anteil sowie vocoderisierten Gesangsstimmen nicht viel anfangen können, weil sie diese Mischung gern als Problematik der ‚fehlenden Seele’ in der Musik betrachten. Allen Anderen – sprich: Insidern als auch der stetig wachsenden Fangemeinde – präsentiert das österreichische Duo mit dem nun dritten Album „Crossroads“ ein absolutes Meisterwerk. Wer bei „Lost Alone“ und „Dreamweb“ schon quasi feuchte Ohren und Gänsehaut beim Hören ihrer selbst geschaffenen Nische im Synthpop-Bereich bekommen hat, dem wird es hier genauso ergehen. In Anlehnung an die von „Lost Alone“ inspirierten Kurzgeschichten von Stella Christiane Bongertz basiert „Crossroads“ textlich auf im Booklet befindlichen Storyelementen, die von Andreas Gruber geschrieben wurden. Und genau das ist es, was das Album so spannend macht – die Audio-Verarbeitung eines Teils von Düster-Belletristik. Sozusagen Kapitel 3, aber abgeschlossen ist die Geschichte hiermit noch nicht... Wie schon bei den Vorgängern, lassen die beiden Österreicher keine hörbaren Zweifel offen, dass wieder mit viel Liebe zum Detail, i.S.v. ausgefeilten Arrangements, gearbeitet wurde. Aber genau hierbei macht sich der Unterschied zu den vorangegangenen Alben bemerkbar. Selbst diese Besonderheit wurde weiterentwickelt: „Crossroads“ ist noch atmosphärischer, packender, treibender, melodischer und klanglich überraschender, was sich schon bei „Introspection“ abzeichnet. Stimmlich ist auch wieder die volle Bandbreite vertreten: vom lieben bis zum bösen ‚Golum’, der vocoderisierten echten aber auch puren Gesangsstimme, wobei letztere die Songs synthpoppiger („What Used To Be“) und erstere leicht engelhaft-himmlisch („Fear“) erscheinen lässt. Gleichwohl ist jeder Titel trotz seiner sofortigen Wiedererkennung als Mind.In.A.Box-Song immer als Unikat betrachten, was sich unter anderem durch die Rhythmusspur und –wahl manifestiert. Diese ist aber wahrlich nur ein verbindendes Element und wirkt nie dominierend, so dass alles zwar sehr tanzbar wirkt und auch ist aber beim Hören nicht zwangsweise zum Tanzen auffordert;„Stalkers“ ist das beste Beispiel dafür und gleichzeitig DER Anspieltipp der CD (ist übrigens auch auf dem Septic VII-Sampler vertreten). Erstaunlicherweise gibt es diesmal auch offensichtliche Ähnlichkeiten zu bekannten Bands, speziell Pride & Fall und VNV Nation – und das auch noch beim Albumsong „Crossroads“ selbst, der damit aber in jedem Fall aus dem Rahmen fällt und keinesfalls als Abklatsch sondern eher als wohlklingende Symbiose erscheint. Zum Abschluss wird es sogar klassisch! Ich hoffe und wünsche von ganzem Herzen, dass Mind.In.A.Box nach der Dependent-Schließung bis zur nächsten regulären VÖ ein neues Label-Heim finden, welches deren Arbeit zu schätzen weiß und sie auch dementsprechend unterstützt. Denn das, was sie mit „Crossroads“ abgeliefert haben, zählt meines Erachtens derzeit zur absoluten Spitzenklasse in puncto durchdachter und anspruchsvoller ‚Technopop’-Musik. Hier zeigt sich, dass die Klangerzeugung ‚handmade’ vs. ‚Synthis u.ä.’ immer in Kombination mit ‚brainmade’ verstanden werden sollte und somit auch helfen könnte, Vorurteile bezüglich dieser Musikrichtung abzubauen. PS: Wer die Geschichte im Booklet komplett liest wird den Zugangscode entdecken, durch den auf der Webseite weitere Überraschungen zur Verfügung stehen.