Das Städtchen Geretsried liegt im Münchner Speckgürtel und ist so ungefähr der perfekte Prototyp eines bayerischen Provinznests - pittoreske Häuschen und kleine Kapelle mit Zweibeltürmchen vor einem sich erstreckenden Alpenpanorma inklusive. Bei so einer Kulisse ist man dann musikalisch doch eher beim Hirzinger und seiner Stubenmusi, die regelmäßig im Bayerischen Rundfunk ausgestrahlt wird. Aber gerade aus diesem beschaulichen, ja fast verschlafenen Ort, stammt A Life Divided, die seit rund 20 Jahren mit einem energetischen Industrial-Rock, der aufgrund der Stimme von Sänger Jürgen Plangger gerne in eine Ecke mit Linkin Park gesteckt wird, in schöner Regelmäßigkeit auf den Plan treten.

Man kann die vier Jungs als richtige Malocher bezeichnen. Ihre ersten Alben erschienen noch in Eigenregie; sie tingelten als Vorgruppe unter anderem für Apocalyptica, Oomph, Mono Inc. und Eisbrecher durch die Lande. Letztere pflegen gute Kontakte zur Band, da Plangger auch zeitweise als Ersatzgitarrist für die Band um Alex Wesselsky tätig war und Eisbrecher-Hauptmusiker Noel Pix sich A Life Divided angenommen und das 2011er Album "Passenger" produziert hat. Bei so viel Schützenhilfe kann ja nun eigentlich nichts schief gehen. Oder doch?

Es gibt ja immer was zu nörgeln. Das ist bei A Life Divided nicht anders. Gerne wurde der Band in der Vergangenheit Beliebigkeit und Anbiederung vorgeworfen, manchmal sei die Mischung aus Elektronik und brachialromantischem Rock nicht zündend. Überfliegt man das Oeuvre, ist die Benastandung an mancher Stelle sogar nachvollziehbar. Doch "Down The Spiral Of A Soul" wird diese Kritiker zum Verstummen bringen. Denn das gar nicht mal so verflixte siebte Album hat endlich ein gutes Verhältnis zwischen knackiger Saitenbearbeitung und würzigen Synthesizereinschüben gefunden. Und sie trauen sich nun auch mal, an den Rändern ihres musikalischen Kosmos vorbeizuschauen.

Das Ergebnis ist dann ein Stück wie "Disorder", bei dem die Double-Bass die wütende Grundlage für ein tönernes Inferno bildet. Der Wechsel zwischen alertem Gesang und unheilvollem Growling, getragen von einer nicht minder fiebrigen Streichersektion, wirken ausgenommen fatalistisch. Demgegenüber steht "Best Time", das extrem rhythmusbetont ist und sich im Refrain zu einer amtlichen Mitsinghymne für Stadionauftritte mausert.

Daneben holt "Tear Down The Wall" all jene ab, denen der Nu Metal von Evanescence noch im Gehör ist. Verantwortlich dafür ist die Kollaboration von A Life Divided mit einer nicht weniger talentierten deutschen Band: Tag My Heart, deren Frontfrau Isabel wie weiland Amy Lee bei "Fallen" so singt, als würde der Himmel über sie einstürzen. Zusammen mit dem intensiven, von donnerndem Schlagwerk durchzogenen Titelsong am Ende des Albums haben A Life Divided die große Gefühlskiste ausgepackt und sich mit voller Wucht in die Emotionen ihrer Songs reingeworfen.

Vorwerfen mag man ihnen vielleicht, dass sie sich stilistisch immer noch nicht aus den Schatten großer Namen herausbewegen konnten. Linkin Park und - partiell - Muse gehören zu den offensichtlichen Vorbildern, denen man weiterhin nacheifert. Aber im Vergleich zu den früheren Alben betreibt "Down The Spiral Of A Soul" diese Verehrung mit einer großen Portion Selbstbewusstsein und Spielfreude. In diesem Moment macht so ein Album dann auch wieder Sinn, da sich aus dieser Haltung große Nummern schreiben lassen, wie es A Life Divided eindrucksvoll belegen. Nur Real Lifes "Send Me An Angel" hätte man nicht covern brauchen.