Nachdem im Jahre 2004 Sänger Robin überraschenderweise das Handtuch warf, wurde es zunächst etwas mau im Hause der Letzten Instanz und auch das nächste Album „Ins Licht“, welches 2006 erschien, konnte nicht auf bisherigen Erfolgsschienen fahren. Doch mit den folgenden LPs „Wir sind Gold“ und dem Akustikalbum „Das weiße Lied“ war die Schonphase vorbei. Man hatte beim stromlosen Musizieren wohl Blut geleckt und so ging es im Frühjahr 2008 auf die „Weiße Reise“ quer durch deutsche Kirchen und Theater. Doch dies war kein kitschiger Versuch die Weichgespülten unter uns zu ködern indem man die bisherigen Nummern einfach etwas lahmer darstellt. Nein, es erfolgten etliche Neuinterpretationen ihrer Stücke, so dass zum Beispiel das einst rockige „Du Und Ich“ zu einem heißen Samba-Fetzen und „Morgenrot“ in eine prickelnde Jazz-Nummer umfunktioniert wurden Zudem nahm man prominente Freunde an die Hand wie Violinistin Frau Schmitt von Subway To Sally, Anna Kränzlein von Schandmaul und die bewundernswerte Pianistin und Sängerin Leandra von Jesus On Extasy. Da werden die Kritiker nicht schlecht geschaut haben. Nun zu ihrem zehnten Jubiläum gibt es eine ganz besonders sahnige Geburtstagstorte: Ein vollständiger Mitschnitt des Abschiedskonzerts besagter Tour in der heimatlichen Lukaskirche zu Dresden. In liebevoller Aufmachung beginnt die DVD mit dem Erklimmen der Bühne durch die Musiker und dem ehrfurchtsvollen Verhalten des Publikums. Stille – unter noch seichtem Applaus besteigt Sänger Holy, sehr edel mit weißem Frack gekleidet, die Bretter. Seine Worte: „Willkommen Im Paradies!“ ...und Recht hat er. Paradiesische Klänge werden unseren Ohren zugeführt. Mit seiner weichen, lieblichen und fürsorglichen Stimme wird er wohl alle Zweifler mundtot machen und beweist, dass die Dresdner mit dem Wahl-Istanbuler zu neuen Höchstformen auflaufen werden. Zu diesem wohltuenden Organ gesellen sich etliche Violinisten, Cellisten und Gitarristen, die zusammen solch eine ungeheuere Dramatik und Harmonie hervorzaubern, die so emotional ist, dass es weh tut. Das Publikum ist befangen. Andächtig regt es sich kaum und verlässt die steifen Körper nur beim Applaus. Na gut, zwischen den Kirchenreihen ist das Tanzen wohl auch etwas schwerer. Doch wie könnte es auch anders sein, lässt es sich zunehmend mehr hin- und mitreißen bis zur völligen Begeisterung. Selbst wenn man auf dieser Tournee nicht anwesend war, ist die DVD erst einmal in den Player geworfen, wird man bei Songs wie „Jeden Morgen“, „Ohne Dich“, „Winter“, „Komm nicht zurück“... immer wieder und wirklich immer wieder von Gänsehaut heimgesucht. Auf watteweichen Himmelswolken scheint man selbst durch die Kirche zu schweben – himmlisch. Für zusätzliches Kribbel-Feeling sorgt Leandras unbeschreibliches Solo „Angeldeamon“ (wer diese Dame noch nicht kennt, sollte sich ihren Namen ganz dick hinter die Ohren schreiben!) und zwei Geigen-Schmachter von Anna Katharina, welche ebenfalls so schön sind, dass ich es nicht mehr in Worte fassen kann. An dieser Stelle sollte man den Buchstabensalat beiseite schieben und einfach die Musik sprechen lassen... Doch für so ein richtig fettes Jubiläum wäre dieses Stück Torte noch zu klein. So vergrößern wir die Portion aufs Doppelte und packen eine zweite DVD inklusive einer zweistündigen Dokumentation oben drauf, die uns mal hinter die Fassade blicken lässt. Doch wir sind immer noch nicht am Ende. Nippen wir etwas mehr von der süchtig machenden Substanz der Letzten Instanz und schippen andere Ufer an. Mit dem vollständigen Mitschnitt des letztjährigen Wacken Open Air Auftritts wird ein glorreicher Kontrast des sinnlichen Kirchen-Gigs geboten, wie er schöner nicht sein könnte. Hier wird gedroschen, geknüppelt und geschossen. So sind sie nun mal die Letzten Instanzen – Grenzgänger zwischen den Bereichen Gothic, Klassik, Geigen-Rock und Alternative Metal. Als Bonusmaterial der zweiten Scheibe haben die Jungs einige überflüssige Dinge, die die Welt nicht braucht, auf Lager. Begleiten wie sie beim fröhlichen Früh-Spucken, beim Angaffen nackter Männerärsche, dem Ärgern über dem zu spät kommenden Licht-und-Tonwagen, widerlich-entrüstendem Lampenfieber und anderen nutzlosen Krempel ohne den wir nicht leben könnten. Ui, hört sich aufregend an, oder? Gewiss und zusammen mit dieser prallen Doppel-DVD wird noch eine leicht gekürzte Fassung des Dresdner Konzerts als Audio-CD „Die Weiße Reise – live“ auf die Kalorienbombe gelegt...flatsch, das muss sich erst mal setzen... Für Anwesende perfekt um das Geschehene wieder aufleben zu lassen und für Daheimgebliebene genial um auch in den Hochgenuss dieser auditiven Köstlichkeit zu gelangen. Da kann man nur noch eins sagen: Belebt eure Sinne und lasst euch „Weißgold“ auf keinen Fall durch die Lappen gehen!