Zur Rezension der L’Âme Immortelle Single „Dein Herz“ schrieb einer unserer Leser kopfschüttelnd in seinem Kommentar „Gothrock, kann ich mir gar net vorstellen“. Der neue Longplayer „Auf Deinen Schwingen“ läßt darauf nur eine Antwort zu: L’Âme Immortelle machen sehr wohl Gothrock! Doch schön der Reihe nach. Wie schon dem 2002 erschienenen Album „Als die Liebe starb“ liegt auch der vorliegenden Scheibe eine Geschichte zugrunde, zu der ich folgende Beschreibung gefunden habe: Tatort ist eine Zeitungsredaktion, in der eine Journalistin ihre Stelle antritt. Ein kleiner Buchhalter, der im Keller den lieben langen Tag über seinen Zahlen brütet, verliebt sich unsterblich in die neue Kollegin und beginnt fortan, ihre Begegnungen rechnerisch zu erfassen. Schließlich versucht er verzweifelt, eine große Formel zum Liebesglück zu finden. Die Frau, selbst ein gebranntes Kind in Sachen Beziehungen, fühlt sich zunächst geschmeichelt, dann aber zusehends von ihrem Verehrer verfolgt. Sie weist ihn ab und sieht sich plötzlich mit einem Wahnsinnigen konfrontiert, der sich vor ihren Augen selbst töten will, um ihr seine Liebe zu beweisen. So weit, so gut, eine Story, aus der man musikalisch etwas machen kann und gerade Zahlensymbolik läßt sich sehr spannend umsetzen, wie beispielsweise Johannes Berthold in seiner Solo-Scheibe „Narrenturm“ bewiesen hat. Davon sind L’Âme Immortelle jedoch weit entfernt. Im gesamten Text ist keine Spur der besessenen Suche nach der Glücksformel zu finden und das musikalische Konzept erschöpft sich bereits im Opener „Auf Deinen Schwingen“ in harten E-Gitarren. Das folgende „Herzschlag“, das eigentlich eine erste Annäherung der Hauptpersonen darstellen sollte, ist dann schon nicht mehr als ein durchschnittlicher Rocksong, der den Hörer mit seiner simplen Melodieführung geradezu ernüchtert. Richtig heftig wird’s bei „Du siehst mich nicht“. Mit seinen Riffs erweckt dieser Track den Eindruck, daß hier alte Bande zu Oomph aufgefrischt wurden. Das paßt zwar in gewisser Weise zu Thomas Rainer’s Gesang, entspricht aber keinesfalls dem, was ich von einer Band wie L’Âme Immortelle hören will. Eigentlich will ich irgendwann die ganze CD nicht mehr hören. Ein einfach gestrickter, gitarrendominierter Titel löst den anderen ab. Lediglich „Destiny“ fällt noch positiv aus dem Rahmen. Sonja Kraushofer’s Sprechgesang, die dort einmal fehlenden Stromgitarren und die Geigenläufe im Background lassen ein bißchen Abwechslung im Einerlei aufkommen, wenngleich mir die Percussions zu stark in den Vordergrund gerückt sind und den Song dadurch sehr unruhig wirken lassen. Eine kleine Verschnaufpause bietet da „Sometimes Love Is Not Enough“, das zu Beginn den Akzent auf Sonja’s Stimme setzt, sich jedoch alsbald – wer hätte das gedacht – zu einem Symphonic-Rock Opus entwickelt... "Wo komm ich her, wo geh ich hin ?" - in Bezug auf dieses Album erscheint der Text von "Wohin" beinahe prophetisch. Wo geht sie hin, die Band, die man einst für romantisch-elektronische Werke liebte und die das Rockbesteck auf dem Vorgänger „Gezeiten“ in wohldosierten Portionen einzusetzen wußte? Hier geht sie mit teilweise banalem Songwriting leider in Richtung Massenkompatibilität und muß sich deshalb selbst schon mal die Frage gefallen lassen, ob sie sich nicht anschickt, „alles wofür ich einst stand für Asche zu verkaufen“.