Das belgische Duo Kraken ist seit seinem Bestehen für außergewöhnliche Musik bekannt. Ricardo Gomez und Joris Vermost breiten Ihre Songs auf ausgedehnten Klangteppichen aus, um sie mit Samples aller Art zu bestücken. Während die letzten beiden Releases beim Spectre Label sich mit dem Element Wasser beschäftigen, jagen Kraken dieses mal den bösen Geist auf dem Festland. Ihre neueste Doppel-CD "Amore" führt wieder einmal in die Untiefen der menschlichen Psyche, rührt an Urängsten und spielt mit der Verzweiflung. Düsterster Ambient ist ihr Markenzeichen und "Amore" macht da keine Ausnahme. Die erste CD klingt wie die Tonspur eines Horrorfilms, der jedoch ohne Sprache abläuft. Es kommt einem manchmal so vor, als ob die bösen Geister, die man zu vernehmen scheint, sich langsam aus den Boxen schleichen und Besitz von einem ergreifen. Bisweilen glaubt man eine Musik zu hören, hier ein Flüstern, da ein Lachen. Ab und zu pulsiert und blubbert es, dann kommen auf einmal wieder Sprachsamples dazu und schließlich allerlei verschiedenartige Geräusche. Durch die vielen Halleffekte bildet man sich ein, durch eine Höhle zu gehen. Jeder Schritt ist ein Wagnis und führt in neue Abgründe. Kraken vollbringen das Kunststück, ihre Musik, die eigentlich fast jeder Melodie entbehrt, so interessant wie ein Hörspiel zu gestalten. Die zweite CD besteht nur noch aus zwei Tracks, wobei der ein knapp 70 Minuten lang ist und der andere noch nicht einmal eine Minute. Während letzterer die auf einem Cembalo gespielte, wohl einzig wahre Musik der CD enthält, beschäftigt sich ersterer mit dem Aids-Virus. Kein Wunder also, dass man auch hier die Untiefen menschlicher Ängste durchwandern muss. Tiefes dröhnen, sachliche Sprachsamples, die verschiedene Aspekte des Themas beleuchten und wieder einmal diverse, seltsamste Geräusche. Kraken haben wieder einmal ein anspruchsvolles Werk veröffentlicht, dem man sich mit Muße widmen sollte. Der experimentelle Charakter verweigert einen schnellen Zugang, doch man wird mit tiefgehenden Emotionen belohnt.