Oh, große Freude. Klangstabil füllen endlich wieder meinen Schädel und wecken den Shadowboy. Ja, ebenjenes ruhige, sich langsam in eine episch drückende Soundwand steigernde Titelstück, das das Duo bereits seit einiger Zeit auf Konzerten in Bild und Ton präsentiert. An dieser Stelle auch gleich eine Empfehlung - das Video, das unter Beteiligung zahlreicher Fans entstand, ist wirklich sehenswert. Das vorliegende Album zeigt ein sich stetig und konsequent musikalisch weiterentwickelndes Projekt, dessen Hauptanliegen bleibt, dass der Hörer sich mit sich und seinem Verhalten in der Gesellschaft auseinandersetzt. 2013 ist man musikalisch deutlich weg von Taking nothing seriously und Math & Emotion (von den Anfangstagen wollen wir gar nicht sprechen). Die elektronische Härte ist nach und nach einem weicheren Sound gewichen und die eher vom EBM beeinflussten Vocals erinnern nun mehr und mehr … ja, es überrascht vielleicht.... dem Hip Hop. Das hat mich anfangs schwer verschreckt, ist dies doch nicht gerade meine favorisierte Musikrichtung. Aber mit jedem Hördurchlauf kann mir der Shadowboy mehr und mehr gefallen, passt die Verknüpfung des alten Sounds mit dem neuen Stil sehr gut: Beats, Rythmik und Gesang von z.B. “1 of 100” sind so deutlich Hip Hop, doch die Melodielinien sind epischer Klangstabilsound – wunderbar. Die Texte wissen durch ihre unaufgeregte Lyrik mit ambitioniertem Inhalt zu gefallen. Vor allem das wundervolle “I pay with friendship”, “1 of 100” (irgendwie passend hier die deutsche Betonung in den englischen Texten) und “The bottom of your list”. Man mag die Texte naiv nennen, doch anders als bei vielen anderen Projekten ist die Aufforderung an den Hörer Zentrum der Musik und nicht plumper Nebeneffekt. Mit “Schattentanz” findet sich dann noch einmal ein wie-früher Kracher auf dem Album: aufgebaut auf das Shadowboy Grundschema drücken sich die Melodien immer mächtiger in den Schädel des Hörers – fantastisch. Ich kann jeden Unkenden verstehen, der Hip Hip EBM verdonnert, aber all diejenigen, die sich heranwagen und ein offenes Ohr mitbringen, können mit dem Shadowboy eine echte Freundschaft eingehen, trotz leichter Schwächen in Sachen melodischer Spannung auf Albumlänge. Hut ab – ein solcher Stilwechsel braucht Mut. Den beweisen Klangstabil und auch viel Herz.